(GLORIA) Klimawandel und Gebirgspflanzen

Alpine Pflanzen sind sensible Indikatoren für den Klimawandel –oftmals auch dessen Opfer, wenn sie mit der Veränderung der Wuchsbedingungen nicht Schritt halten können. Das weltweit tätige Forschungsnetzwerk GLORIA untersucht seit 2001 die Auswirkungen des Klimawandels auf die Gebirgsflora. Die Erkenntnisse sind besorgniserregend.

Wie verändern sich Artenvielfalt und -zusammensetzung über die Jahre hinweg? Wandern Arten aus tieferen Lagen ein, wenn ja wie schnell?. Sind endemische Arten besonders gefährdet? Sind subnivale-nivale Arten (Arten die nur in der Schneestufe vorkommen) durch den Klimawandel gefährdet? Diesen und weiteren Fragen wird durch wiederholte Bestandsaufnahmen alpiner Arten durch das Forschungsnetzwerk GLORIA (Global Observation Research Initiative in Alpine Environments) mittlerweile weltweit nachgegangen. Mehr als 100 Forschungsgruppen aus sechs Kontinenten sind beteiligt. Seit der Gründung 2001 hat es einen standardisierten und langfristigen Ansatz zur Beobachtung von Gebirgsvegetation und ihrer Reaktion auf den Klimawandel entwickelt und umgesetzt.

Alarmierende Erkenntnisse…

Koordinator Harald Pauli vom Institut für interdisziplinäre Gebirgsforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften präsentierte schon 2012 zwei alarmierende Erkenntnisse: der stärkste Schwund tritt in Gebieten mit seltenen – oft auch pharmazeutisch wertvollen – Arten auf, und der Verlust schreitet schnell voran.

…aus nüchternen Fakten

Diese ernüchternde Erkenntnis gründet auf umfangreichen Erhebungen quer über den Globus. Die Mission ist aufwendig und strapaziös: Ausgangspunkt jedes Datenbankeintrags ist eine akribische Bestandsaufnahme sämtlicher Pflanzen auf einer definierten Fläche. Das erfordert nicht nur botanisches Detailwissen, sondern auch Sorgfalt und Ausdauer unter alpinen Wetterbedingungen in entlegenen Bergregionen. Mit der Bergung dieses Faktenschatzes ist die Arbeit jedoch nicht getan: erst die sorgfältige und rechenintensive Sichtung der Rohdaten ermöglicht, Gesetzmäßigkeiten aus der Fülle der Information zu filtern und Zusammenhänge mit der Klimaveränderung stichhaltig zu belegen.

Weltkarte
GLORIA beobachtet weltweit die Folgen des Klimawandels für die alpine Flora

Österreichischer Gipfelblick in die Klimawandelzukunft

Dank der vorausschauenden Initiative des Botanikers und Ökologen Georg Grabherr avancierte der 3 497 m hohe Schrankogel in den Stubaier Alpen schon früh zum master site des weltweiten Netzwerks. Der Standort, zugleich auch Teil der LTSER-Forschungsplattform Tyrolean Alps, ist nach nun über 20 Jahren intensiver Beforschung ein wissenschaftlicher Angelpunkt des Projektes. Das dort gewonnene Wissen erlaubt einen Blick in die Klimawandelzukunft – die sich zum Beispiel für den heimischen Alpen-Mannsschild nicht rosig darstellt: man muss für Androsace alpina (so der botanische Name), eine der zehn höchststeigenden Alpenpflanzen und derzeit in den Alpen weit verbreitet, mit drastischen Bestandesrückgängen durch den Klimawandel rechnen.

Alpen-Mannsschild (Androsace alpina)
Alpen-Mannsschild (Androsace alpina): derzeit häufig vom Klimawandel bedroht. [Schrankogel-Ostgrat, 3 300 m ü.M.

Die Untersuchungen laufen weiter

Gegenwärtig werden die Schrankogel-Daten vom Sommer 2014 analysiert, die erstmals Bodenfauna und -mikroorganismen umfassen. Parallel dazu wird die europaweite GLORIA-Erhebung 2015 vorbereitet – mit besonderem Augenmerk auf den im Vergleich zu den Alpen zunehmend trockeneren Süden Europas. (April, 2015)