Biodiversitäts-Strategie Österreich 2030+

Die Biodiversitäts-Strategie Österreich 2030+ wurde im Dezember 2022 vom Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie veröffentlicht. Die Strategie greift die von der Europäischen Union sowie auf internationaler Ebene formulierten Zielsetzungen und Maßnahmen für den Erhalt der Biodiversität auf. Das Zehn-Punkte-Programm sieht auch klimarelevante Ziele und Maßnahmen vor, die im Einklang mit dem Erhalt der biologischen Vielfalt Österreichs stehen.

Naturnahe Kulturlandschaft in Osttirol und der Fluss Isel.

Vision für 2050: Leben der Menschen in Harmonie mit der Natur

Die Biodiversitäts-Strategie Österreich 2030+ wurde unter Federführung des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, mit Unterstützung des Umweltbundesamtes, auf Basis eines breit angelegten, partizipativen, mehrjährigen Prozesses – dem „Biodiversitätsdialog 2030“ – entwickelt. Die Strategie hat – abgeleitet von der EU-Biodiversitätsstrategie für 2030 – folgende Vision für 2050:

„Wir leben in Harmonie mit unserer Natur. Der Verlust an Arten und Lebensräumen ist gestoppt. Geschädigte Ökosysteme sind wiederhergestellt und leisten einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz. Ausreichende Schutzgebiete bilden Zentren der biologischen Vielfalt und Räume für funktionierende ökologische Prozesse. Heimische Tiere, Pflanzen und Pilze haben ausreichend Raum und sind in einem guten Zustand. Besonders wertvolle Landschaftsgebiete wie Flussufer, Moore, Auen, Magerwiesen und Trockenrasen sind erhalten. Lebensräume sind dort, wo notwendig miteinander verbunden. Wir Menschen schätzen und schützen die Natur, denn sie ist unsere Lebensgrundlage und Zukunftsvorsorge!“

Daraus resultiert das Zehn-Punkte-Programm für Österreich. Es umfasst sechs übergeordnete Ziele für die Erhaltung und Wiederherstellung der Biodiversität und vier Voraussetzungen für deren Umsetzung. Zielhorizont ist das Jahr 2030. Die sechs übergeordneten Ziele sind:

  • Verbesserung von Status und Trends der Arten und Lebensräume
  • Effektiver Schutz und Vernetzung aller ökologisch wertvollen Lebensräume
  • Wiederherstellung für Biodiversität und Klimaschutz besonders wichtiger Ökosysteme
  • Entscheidende Reduktion von Flächeninanspruchnahme und Fragmentierung 
  • Einleitung von transformativem Wandel in der Gesellschaft und Integration der Biodiversität in alle Sektoren – „Mainstreaming“
  • Stärkung des globalen Engagements

Die vier wesentlichen Voraussetzungen sind: 

  • Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen für den Biodiversitätserhalt
  • Sicherstellung der Finanzierung von Biodiversitätserhalt und Unterstützung für biodiversitätsförderndes Handeln
  • Wertschätzung der Biodiversität in Gesellschaft und Wirtschaft
  • Verbesserung der wissenschaftlichen Grundlagen zur Erreichung und Evaluierung der Biodiversitätsziele

In der Strategie wird auf den Zusammenhang zwischen unserer Gesundheit, intakter Natur sowie Klimaschutz und Klimawandelanpassung hingewiesen. Die vielfältigen Verknüpfungen und Zusammenhänge spiegeln auch zahlreiche Maßnahmen der Strategie wider. Nachfolgend werden Ziele und ausgewählte Maßnahmen mit Bezug zum Klimaschutz und zur Klimawandelanpassung vorgestellt.

Biodiversität, Klimawandel und Klimawandelanpassung gemeinsam betrachten

Die beiden großen umweltpolitischen Herausforderungen, Biodiversitätsverlust und Klimakrise, sind sowohl hinsichtlich ihrer Ursachen als auch der Lösungen eng miteinander verbunden. Erfolgreiche Klimapolitik trägt auch zum Erhalt der Biodiversität bei, eine erfolgreiche Biodiversitätspolitik unterstützt auch den Klimaschutz sowie die Anpassung an den Klimawandel. Dass beide Herausforderungen in ihrer politischen Relevanz gleichwertig und gemeinsam betrachtet werden, wurde in der Biodiversitäts-Strategie Österreich 2030+ berücksichtigt.

Eines der sechs übergeordneten Ziele der Biodiversitäts-Strategie Österreich 2030+ ist die „Wiederherstellung für Biodiversität und Klimaschutz besonders wichtiger Ökosysteme“. Die Verbesserung des Zustandes von Ökosystemen dient gleichermaßen dem Erhalt der biologischen Vielfalt, dem Klimaschutz, der Verringerung des klimawandelbedingten Katastrophenrisikos sowie dem Erhalt weiterer Ökosystemleistungen, wie z. B. Ernährungssicherheit oder Wasserqualität und -versorgung. In der Strategie sind Ziele und Maßnahmen für Moore, Auen und Gewässer festgelegt. Es sind jene Lebensräume, die große Mengen an Kohlenstoff speichern, dem Wasserrückhalt dienen und gefährdete, teilweise hochspezialisierte Arten beherbergen.

Maßnahmen zur Erreichung der gemeinsamen Ziele

Die Strategie sieht vor, dass Biodiversitätserhalt sowie Klimaschutz und Klimawandelanpassung aufeinander abgestimmt und Synergien bestmöglich genutzt werden. Zur Erreichung dieses Zieles werden nachfolgend beispielhaft einige Maßnahmen aufgelistet:

Die Klimaschutz- und Energiepläne der Länder und des Bundes sind mit biodiversitätsrelevanten Aspekten zu ergänzen. Die Folgen des Klimawandels sowie die Notwendigkeit zur Klimawandelanpassung sind in Naturschutzinstrumenten zu berücksichtigen, z. B. in den Schutzgebietsmanagementplänen. Auch nicht UVP-pflichtige, energie- und klimapolitische Maßnahmen bzw. Vorhaben sind in Hinblick auf deren Auswirkungen auf die Biodiversität zu überprüfen. Maßnahmen, die sowohl klima- als auch naturverträglich sind, sind zu priorisieren.  Biodiversitätsreiche Flächen mit potenzieller Klimarelevanz (hoher Kohlenstoff-Vorrat) sollen ausgewiesen, erhalten und verbessert werden. Frei- und Grünräume für Klimaschutz (Kohlenstoffspeicherung) und Klimawandelanpassung (Schutz vor Hochwasser, Regenwasserversickerung etc.) sowie zum Biodiversitätserhalt sollen erhalten und ökologisch verbessert werden. Maßnahmen zur Kohlenstoffanreicherung in landwirtschaftlichen Böden sollen gefördert werden („Carbon Farming“), z. B. durch finanzielle Anreize.

Bildung, Bewusstseinsbildung und Öffentlichkeitsarbeit über den Wert der biologischen Vielfalt sollen dazu beitragen, dass jede/jeder animiert wird, zum Erhalt der Biodiversität beizutragen. Informationsmaterialien, z. B. über die Begrünung von Fassaden und Flachdächern, sollen erarbeitet und leicht zugänglich gemacht werden.

Betreffend Arten und Lebensräume sind u. a. Maßnahmen festgelegt, die Klimawandel und Klimawandelanpassung berücksichtigen. So sollen beispielsweise jene Kultursorten, Pflanzen- oder Baumarten gefördert und vermehrt werden, die bestmöglich an veränderte klimatische Bedingungen angepasst sind, wie z. B. an Hitze und Trockenheit. Vermehrungsmaterial soll in allen öffentlichen und privaten Sammlungen in Österreich auf Hitze- und Trockenheitsresistenz geprüft werden, damit es als Basis für Strategien zur Resilienz (Widerstandfähigkeit) in der Klimakrise genutzt werden kann. Bei der Orientierung von waldbezogenen Förderprogrammen ist u. a. auch auf den Klimawandel Bedacht zu nehmen. Bei der Umwandlung naturferner Waldbestände in mehrschichtige Bestände sind u.a. auch die Auswirkungen des Klimawandels zu berücksichtigen.

Die Durchführung eines Biodiversitäts-Checks für jene Gesetze, Verordnungen und Förderungen, die Auswirkungen auf die biologische Vielfalt haben, soll in Verbindung mit dem Klima-Check erfolgen. Unter Berücksichtigung von Klimaschutz und Klimawandelanpassung soll Biodiversitätsschutz in den Raumordnungs- und Raumplanungsgesetzen der Bundesländer sowie in den örtlichen Entwicklungskonzepten verankert werden.

Umsetzung der Biodiversitäts-Strategie Österreich 2030+

Die Umsetzung der Biodiversitäts-Strategie ist ein Gemeinschaftsprojekt. Dieses kann nur erfolgreich sein, wenn alle beteiligten Akteurinnen und Akteure ihre Verantwortung wahrnehmen und die in ihrem Zuständigkeitsbereich liegenden Ziele verfolgen und Maßnahmen umsetzen. Bestimmte Verantwortungsträger haben Schlüsselfunktionen und nehmen daher auch eine zentrale Rolle bei der Realisierung ein. Dies betrifft vor allem die Bundes-, Landes- und Gemeindeebene, Interessensvertretungen, Unternehmen, NGOs und die Wissenschaft. Zur Verwirklichung der Biodiversitäts-Strategie Österreich 2030+ wurde erstmalig eine bundesweite Förderschiene für Biodiversität geschaffen, der österreichische Biodiversitätsfonds. Somit können Projekte gefördert werden, die zum Erreichen der Ziele beitragen.

Transformativer Wandel in Wirtschaft undGesellschaft erforderlich

Der Verlust an biologischer Vielfalt – Ökosystemen, Arten und genetische Vielfalt innerhalb der Arten – schreitet weltweit in beängstigenden Ausmaß immer schneller voran. Um diese Entwicklung zu stoppen sowie um Umwelt- und Klimaziele zu erreichen, ist ein tiefgreifender, transformativer Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft notwendig. Die Ziele für diese Änderungen sind auf vielen Ebenen und für viele Wirtschaftszweige zu definieren. Die Biodiversitäts-Strategie Österreich 2030+ trägt dazu bei, den transformativen Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft voranzutreiben. Die Strategie sieht u. a. vor, dass die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt sowie die von ihr erbrachten Leistungen in allen Sektoren berücksichtigt werden („Mainstreaming“). Beispielsweise sollen die Bemühungen für „Mainstreaming biodiversity“ in multilateralen Abkommen verstärkt werden, insbesondere im Klimaschutz sowie bei der Klimawandelanpassung. (IO, Februar 2023)