Wasserversorgung in Rekordsommern

Der Klimawandel beeinflusst die Sicherstellung der Wasserversorgung auf verschiedenen Ebenen. Gefordert sind sowohl Versorger- als auch Verbraucherseite. Niedrige Grundwasserpegel und zurückgehende Quellschüttungen stehen erhöhten Spitzenverbräuchen vor allem in sommerlichen Trockenperioden durch vermehrte Gartenbewässerungen gegenüber. Die ÖVGW-Studie gibt Empfehlungen zu Anpassungsmaßnahmen.

Außergewöhnliche Hitzewellen und ausgedehnte Trockenperioden prägten die letzten Jahre in Österreich. Die Rekordsommer haben sich in den letzten Jahren gehäuft, die vergangenen zwei Jahrzehnte sind als überdurchschnittlich warm einzustufen. Hinsichtlich Niederschlag ist derzeit noch kein klarer Trend erkennbar. Fest steht jedoch, dass der Klimawandel die Sicherstellung der Wasserversorgung in Zukunft auf verschiedenen Ebenen beeinflussen wird. Diesem Thema widmeten sich DI Dr. Roman Neunteufel und PD DI Dr. Reinhard Perfler (beide Universität für Bodenkultur Wien) in einer vom ÖVGW (Österreichische Vereinigung für das Gas- und Wasserfach) finanzierten Studie zur „Wasserversorgung in Rekordsommern“, welche im Februar 2019 veröffentlicht wurde.

Besonders im Fokus stand dabei das Jahr 2018. In diesem Jahr konnten in einigen Fällen die bewilligten Konsensmengen aufgrund niedriger Grundwasserpegelstände oder zurückgegangener Quellschüttungen nicht in vollem Umfang ausgenutzt werden. In einer Umfrage wurde festgestellt, dass bei der Hälfte der befragten Wasserversorgungsunternehmen an verbrauchsreichen Tagen Ausschöpfungsgrade von über 70 % erreicht wurden. Besonders betroffen waren Wasserversorger mit Quellnutzungen. Im Vergleich zu jenen mit Brunnen, berichteten sie von merklichen Ressourcenrückgängen. Trotz dieser Situation traten 2018 keine Versorgungsengpässe auf. Mancherorts musste aber zum Wassersparen aufgerufen bzw. Wasser aus überregionalen Versorgungsnetzen eingespeist werden.

Auf der Verbraucherseite wurde beobachtet, dass die Versorgungsmenge pro Person im Vergleich zu den Vorjahren stagnierte bzw. sogar zurückging. Bei den Spitzenverbräuchen zeigten sich jedoch Veränderungen. Im Jahr 2003 lagen diese zeitlich eher im Frühjahr, vermutlich im Zusammenhang mit Erstbefüllungen von Swimmingpools. 2013 bzw. 2015 rückten sie Richtung Phasen sommerlicher Hitze- und Trockenperioden. Hauptverursacher dabei sind viel mehr die Bewässerung von Hausgärten bzw. zum Teil auch das Nachfüllen privater Schwimmbecken zur Abkühlung bzw. Verbesserung der Wasserqualität. In Tourismusgebieten können auch Ferienzeiten Spitzenauslöser sein.

Zukünftig wird die Anzahl privater Pools noch weiter ansteigen und die Bewässerung in privaten Gärten aufgrund der klimawandelbedingt höheren Verdunstung weiter zunehmen. Aus Konsumentenumfragen ist eine Verdopplung privater Bewässerungssysteme abzuleiten. Kritisch in diesem Zusammenhang zu sehen ist, dass durch Zeitsteuerung viele Bewässerungen nachts laufen. Dies erschwert das Aufspüren von Rohrbrüchen in Wasserversorgungsleitungen und begünstig somit anhaltende Verluste bei Leckagen. Der Einbau von Zonenzählern wird dadurch notwendig.

Eine weitere Auswirkung durch den Klimawandel sind höhere Wassertemperaturen bei den Ressourcen, im Verteilsystem bzw. in der Hausinstallation. Umfragen im Jahr 2015 wiesen auf maximale Ressourcentemperaturen im Rohrnetz bzw. Endsträngen von 19 °C hin. Bei der Umfrage im Jahr 2018 wurden bereits Maximaltemperaturen von 20 bis 21 °C angegeben. Kunden nehmen die höheren Wassertemperaturen an ihren Zapfstellen zum Teil schon wahr. Zu betrieblichen Problemen kam es bisher noch nicht. Es gilt aber zu bedenken, dass erhöhte Wassertemperaturen die Lebensbedingungen trinkwasserrelevanter, meist mesophiler Mikroorganismen begünstigen.

Um sich für die Herausforderungen der Zukunft zu rüsten, ist ein breites Wissen über mögliche Szenarien erforderlich. Als Referenz für mögliche zukünftige Versorgungssituationen können die Rekordsommer der Jahre 2003, 2015, 2017 bzw. 2018 herangezogen werden. Ein wertvoller Trockenheits-Parameter ist der „SPEI“ (Standardized Precipitation and Evaporation Index; Indexwert, der Abweichungen der Niederschlagssumme und Verdunstungsraten in einem bestimmten Zeitraum darstellt). Werte über „0“ stehen für überdurchschnittliche Feuchtigkeit, Werte unter „0“ für Trockenheit. Ein Ausschnitt aus der Europakarte des Jahres 2018 zeigt die ausgeprägte Trockenheit in weiten Teilen Ober- und Niederösterreichs sowie im Norden von Salzburg. Gut erkennbar ist auch die starke Betroffenheit in Deutschland. 

Europakarte des SPEI-6 (Februar – Oktober) des Jahres 2018; Daten- und Bildquelle: CSIC (2018), Map tiles by Stamen Design, CC BY 3.0 – Map data
Europakarte des SPEI-6 (Februar – Oktober) des Jahres 2018; Daten- und Bildquelle: CSIC (2018), Map tiles by Stamen Design, CC BY 3.0 – Map data

Zur Abschätzung von Dargebot bzw. Bedarf sollten eindeutige Kennzahlen herangezogen werden. Die verfügbaren Gesamtkapazitäten sollten integriert über Verbundsysteme und Regionen betrachtet werden. Eine regional integrierte Wasserversorgungsplanung beinhaltet (1) Bestandsaufnahmen verfügbarer Ressourcen, (2) eine Ressourcenplanung, (3) die Aufnahme bestehender Wassernutzungen – auch anderer Nutzerinnen und Nutzer als die Wasserversorgung – und (4) die Berücksichtigung von Prognosen für den zukünftigen Wasserbedarf. Ein besonderes Augenmerk ist dabei auch auf Verbrauchsspitzen v. a. in Regionen mit hohem Anteil an Reihen-, Ein- oder Mehrfamilienhäusern mit Eigengärten und kleinen Versorgungseinheiten zu legen. Gegebenenfalls sind auch zukünftig Aufrufe zum Wassersparen, Versorgungseinschränkungen durch Poolfüllungs-/-nachfüllungsverbote, Gartenbewässerungs- oder Autowaschverbote, erforderlich.

Für die Realisierung einer 100 %-igen Versorgungssicherheit sind redundante, unabhängige Wassergewinnungsanlagen erforderlich. Auch kleine Wasserversorger müssten standardmäßig auf ein zweites Standbein setzen. Bereits nach 2003 wurden Investitionen zur Verbesserung der Versorgungssicherheit getätigt. Maßnahmen, wie weitere Vernetzung, Bereitstellung zusätzlicher Ressourcen, Aufbereitung von Ressourcen wurden umgesetzt. Ohne diese Interventionen wäre es im Jahr 2015 zu deutlich mehr Versorgungseinschränkungen gekommen. Auch 2018 gab es glücklicherweise keine ernsthaften Versorgungsprobleme. Bei den durchgeführten Interviews unterstrichen die Interviewpartnerinnen und Interviewpartner die Notwendigkeit der bisherigen Anpassungsmaßnahmen zur Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit. Weitere Investitionen zur Sicherstellung der benötigen Wassermengen werden allerdings als notwendig erachtet. (MO, November 2019)