Trockenheit und Dürre: Wie passen sich österreichische Landwirt:innen an?

Welche Wahrnehmungen haben österreichische Landwirt:innen zu Klimaextremen und deren mögliche Auswirkungen? Aus welchen Gründen passen sie ihre Betriebe an regionale und betriebliche Auswirkungen an? Wie können Landwirt:innen effektiv mit Politik-, Beratungs- oder Kommunikationsmaßnahmen erreicht werden? Diesen Fragen ging das Forschungsprojekt FARMERengage nach.

Traktor beackert trockenes Feld

Österreichs Landwirt:innen waren in den letzten Jahren immer wieder von Trockenheit und Dürre betroffen. Zuletzt war die Bodenfeuchte in den heurigen Frühjahrs- und Sommermonaten zu gering, was regional zu erheblichen Ertrags- und Einkommenseinbußen führte. Landwirt:innen stehen vor der Aufgabe, Anpassungsmaßnahmen umzusetzen, um diese nachteiligen Auswirkungen durch Trockenheit und Dürre abzumildern oder sogar zu verhindern. In Wissenschaft und Praxis werden zahlreiche Maßnahmen zur Anpassung an Trockenheit und Dürre diskutiert, um die landwirtschaftliche Produktion auch weiterhin sicherzustellen. Hingegen ist wenig erforscht, aus welchen Gründen Landwirt:innen bestimmte Maßnahmen umsetzen und in manchen Fällen eine pro-aktive Anpassung an Klimaextreme verzögert oder gar nicht stattfindet.

Mögliche Gründe für die Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen sind subjektiv-wahrgenommene Auswirkungen von Trockenheit und Dürre, Eigenschaften von und Kenntnisse über mögliche Anpassungsmaßnahmen, aber auch Emotionen können die Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen beeinflussen. Im Forschungsprojekt FARMERengage (gefördert durch den 11. Call des ACRP-Programms des Klima- und Energiefonds, KR18AC0K14641) stellten Forscher:innen der Universität für Bodenkultur Wien österreichische Landwirt:innen und ihre vielfältigen Wahrnehmungen und Emotionen zu Trockenheit und Dürre und entsprechende Anpassungsmaßnahmen in den Mittelpunkt.

Im Jänner diesen Jahres wurde eine postalische, standardisierte Befragung von 2500 österreichischen Landwirt:innen durchgeführt. Die Befragung erhob die bisherige Betroffenheit von Trockenheit und Dürre, bisher umgesetzte und geplante Anpassungsmaßnahmen sowie den Grad der Zustimmung der Landwirt:innen zu zirka 80 Aussagen über unterschiedliche Gründe, die das Anpassungsverhalten beeinflussen können. Knapp 19% der befragten Landwirt:innen haben den Fragebogen ausgefüllt und retourniert. 450 Fragebögen wurden für weitere Analysen verwendet. Ein Vergleich der erhobenen Daten mit den Ergebnissen der Agrarstruktur-Stichprobenerhebung 2016 zeigt für Österreich ähnliche Verteilungen hinsichtlich Betriebsstruktur (z.B. Betriebstypen und -größe) und der Charakterisierung der Betriebsleiter:innen (z.B. Alter, Geschlecht). Anhand von statistischen Analysen konnten die 37 wichtigsten Aussagen identifiziert und zu 10 inhaltlich-konsistenten Gründen zusammengefasst werden. In einem weiteren Schritt wurden sechs Typen von österreichischen Landwirt:innen identifiziert, die sich hinsichtlich ihrer Gründe für die Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen gegen Trockenheit und Dürre unterscheiden.

Typ 1 und Typ 2 waren bisher in geringstem Ausmaß von Trockenheit und Dürre betroffen und planen auch kaum Anpassungsmaßnahmen. Landwirt:innen, die dem Typ 1 zugeordnet werden können, nehmen vor allem positive Auswirkungen durch Niederschlagsrückgänge wahr. Typ 2 ist durch das fatalistische Gefühl der Machtlosigkeit gegenüber Trocken- und Dürreereignissen sowie ein hohes Vertrauen in öffentliche Maßnahmen gekennzeichnet.

Die Typen 3, 4 und 5 waren bisher schon stark von Trockenheit und Dürre betroffen. Typ 3 nahm als schwerwiegendste Auswirkungen die Veränderung bei Pflanzenkrankheiten oder Schädlingsdruck sowie erhöhtem Arbeitsaufwand wahr. Landwirt:innen in Typ 3 sind vor allem durch Wunschdenken, also der Hoffnung, dass sich weniger verändern wird als allgemein erwartet, geprägt. Neben Wunschdenken werden Anpassungsmaßnahmen auch als hoch wirksam eingeschätzt und starke negative Emotionen gegenüber Dürre angegeben. Landwirt:innen des Typs 3 wollen zukünftig verstärkt Informationen wie Wetter- und Schädlingsprognosen nutzen und den Anbau- und Erntezeitpunkt anpassen. Typ 4 verzeichnete bisher die schwersten Ertragsrückgänge und den höchsten Pflanzenwasserstress. Landwirt:innen dieses Typs sehen am deutlichsten die Notwendigkeit, Anpassungsmaßnahmen auf ihrem Betrieb umzusetzen und haben den höchsten Anteil an Landwirt:innen die tierhaltungsbezogene Anpassungsmaßnahmen planen.

Typ 5 war in der Vergangenheit von schweren Einkommensrückgängen betroffen. Landwirt:innen dieses Typs vertrauen am stärksten ihren eigenen Maßnahmen und planen prioritär, arbeitsorganisatorische Maßnahmen sowie das Wassermanagement am Betrieb anzupassen. Typ 6 liegt im Mittelfeld hinsichtlich der bisherigen betrieblichen Betroffenheit durch Trockenheit und Dürre. Landwirt:innen aus Typ 6 orientieren sich am stärksten an sozialen Normen (z.B. ist diesem Typ die Meinung von anderen Landwirt:innen, Berater:innen oder Familienmitgliedern wichtig). Die zugehörigen Landwirt:innen nehmen zudem Wirksamkeit von Anpassungsmaßnahmen aber auch positive Auswirkungen stark wahr. Sie planen am häufigsten Zukäufe von Futter oder Erntegut wegen Dürre-bedingter Ertragsausfälle, aber auch den Anbau trockentoleranter Kulturen oder reduzierte Bodenbearbeitung.

 Typ 1Typ 2Typ 3Typ 4Typ 5Typ 6
Ausschlag-gebende Gründe Positive Auswirkungen

Fatalismus

Vertrauen in öffentliche Maßnahmen

Wunscbdenken

Wirksamkeit

Negative Emotionen

Notwendigkeit Maßnahmen-umsetzungVertrauen in eigene Maßnahmen'Wirksamkeit der Maßnahmen
Bisherige BetroffenheitGering betroffenGering betroffensehr schwer betroffensehr schwer betroffensehr schwer betroffenin mittlerem Ausmaß betroffen
Geplante MaßnahmenKaum Maßnahmen
geplant
Kaum Maßnahmen
geplant
Informations- und Kulturtechnische Maßnahmen

Tierhaltungs-

bezogene Maßnahmen

Wasser-management

Zukäufe

Anpassung Kulturen & Boden-bearbeitung
 

Die Typen 1 und 2 folgen am stärksten Gründen, die eine Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen verhindern. Bei den Typen 3, 4, 5 und 6 sind hingegen Gründe, die zur Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen führen, dominant.

Das Wissen um Gründe die zu einer Anpassung führen bzw. diese verhindern kann für Politikmaßnahmen, in der Beratung oder auch für Kommunikationszwecke nutzbar gemacht werden. So kann das Bewusstsein der Landwirt:innen der Typen 1 und 2 für zunehmende Dürren und mögliche nachteilige Auswirkungen für ihre Betriebe gestärkt und die Notwendigkeit einer pro-aktiven Anpassung hervorgehoben werden. Das hohe Interesse von Typ 3 an informatorischen Maßnahmen kann genutzt werden, um Landwirt:innen über kulturtechnische Maßnahmen und deren effektive Umsetzung zu informieren. Dadurch können die Wahrnehmung der Wirksamkeit gestärkt sowie Wunschdenken und möglicherweise auch negative Emotionen reduziert werden. Die bereits als hoch wahrgenommene Notwendigkeit, Anpassungsmaßnahmen gegen Dürre umzusetzen, kann bei Landwirt:innen des Typs 4 weiter gestärkt und die wirksame Umsetzung hervorgehoben werden. Typ 5 kann durch die Betonung des eigenen Erfolgs bei der Planung und Umsetzung von effizienten Wassermanagementmaßnahmen gezielt unterstützt werden. Landwirt:innen des Typs 6 können schließlich durch den Austausch mit anderen Landwirt:innen, die bereits erfolgreich Anpassungsmaßnahmen umsetzen, oder auch durch langjährige Berater:innen erreicht werden.  (Bernadette Kropf, Hermine Mitter, November 2022)

Weitere Informationen

Entwicklung von LandwirtInnen-Typen zur Stärkung von Adaptationsmaßnahmen in Österreich

Publizierbarer Zwischenbericht

Für etwaige Fragen, Feedback oder Anmerkungen stehen die Autor:innen Bernadette Kropf bernadette.kropf@boku.ac.at und Hermine Mitter hermine.mitter@boku.ac.at gerne zur Verfügung.