Klimawandelanpassung gerecht gestalten

Obwohl die Auswirkungen des Klimawandels alle Menschen betreffen, sind die Lasten, Kosten und Vorteile von Anpassungsmaßnahmen oft sehr ungleich verteilt. Die Potenziale und Barrieren gerechter Anpassungspolitik in Europa erkundet nun der aktuelle ETC/CCA-Bericht „‘Leaving No One Behind’ in Climate Resilience Policy and Practice in Europe“.

Der knapp über 100 Seiten umfassende Bericht „‘Leaving No One Behind’ in Climate Resilience Policy and Practice in Europe“ (2021) ist eine überblickshafte Literaturstudie zu den sozialen Auswirkungen von Anpassungspolitik in Europa, beauftragt vom European Topic Centre on Climate Change Impacts, Vulnerability and Adaptation (ETC/CCA). Entlang der sechs Stufen des Adaptation Support Tool wird untersucht, welche Maßnahmen zu gerechter Anpassungspolitik führen können.

1 Preparing the ground for adaptation

Gerechte Anpassung diskutiert, a) wie verschiedene Gruppen der Gesellschaft von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen sind und b) wie Nutzen und Lasten der Anpassungsmaßnahmen auf verschiedene Gruppen verteilt werden. Ihr Ziel ist damit nicht nur die Verschärfung bestehender Ungleichheiten zu vermeiden, sondern idealerweise die zugrunde liegenden Ursachen bereits bestehender Ungleichheiten zu problematisieren.

2 Assessing climate change risks and vulnerabilities

Ziel ist es hierbei zu verstehen, erfassen und bewerten, welche Gruppen den Auswirkungen des Klimawandels in ungleicher Weise ausgesetzt sind und welche nicht in der Lage sind, damit umzugehen. Auf dieser Grundlage können dann gerechte Anpassungsmaßnahmen konzipiert werden.

3 & 4 Identifying, assessing and selecting adaptation options

Richtig ermittelte, bewertete und ausgewählte Anpassungsmaßnahmen verhindern unverhältnismäßige Auswirkungen auf benachteiligte oder schweigende Gruppen. So können naturbasierte Anpassungsmaßnahmen (z.B. Stadtbegrünung) in Zusammenarbeit mit den Anwohner:innen konzipiert werden, um Effekte wie Gentrifizierung sanierter Stadtviertel zu verhindern.

5 Implementing adaptation

Ein Blick auf die Anpassungspraxis in Europa zeigt, dass trotz des zunehmenden politischen Stellenwerts sozialer Gerechtigkeit die konkrete Umsetzung erst wenig fortgeschritten ist. Die Nutzung von Synergien sowie die Integration zwischen Politikbereichen sind nötig um diese Lücke zu schließen. Gerechte Beteiligungsprozesse sind hierbei die Schlüsselvoraussetzung für die Anerkennung von Ungleichheiten und die Berücksichtigung von Gerechtigkeitsaspekten in der Planung und Umsetzung von Anpassungsoptionen.

6 Monitoring and evaluating adaptation

Langzeitbeobachtungen der sozialen Auswirkungen von Anpassungsmaßnahmen helfen sicherzustellen, dass Anpassungsmaßnahmen und -politiken keine existierenden Ungleichheiten verstärken oder neue schaffen. Um dies zu erreichen werden neue Kriterien benötigt, die die allgemeinen politischen Ziele konkretisieren und damit helfen, ein so komplexes Phänomen wie soziale Gerechtigkeit zu bewerten.

Schlussfolgerungen

Zu den Hindernissen bei der Förderung von gerechter Anpassung gehören ein relativ schwacher Erfahrungs- und Wissensschatz, was zu einem Mangel an Umsetzungsinitiativen führt. Außerdem fehlt es an spezifischen Methoden, Daten und Indikatoren zur Identifizierung gefährdeter Gruppen. Nötig ist deshalb der Aufbau von Kapazitäten – z.B. Informationsflüsse, Koordinierung und angemessene Finanzierung – zur wirksamen Integration von Gerechtigkeitsaspekten in Anpassungsstrategien und deren Umsetzung. Der ETC/CCA-Bericht stellt hierzu einige gelungene Beispiele vor und gibt  eine Reihe von umsetzbaren Empfehlungen.

Details zum Bericht

Breil, M.; Zandersen, M.; Pishmisheva, P.; Branth Pedersen, A.; Romanovska, L.; Coninx, I.; Rogger, M.; Johnson, K. (2021): ‘Leaving No One Behind’ in Climate Resilience Policy and Practice in Europe. European Topic Centre on Climate Change impacts, Vulnerability and Adaptation (ETC/CCA) Technical Paper 2021/2. DOI: /10.25424/cmcc/justtrans_europe