VOICE: Genug Freiwillige in der Zukunft?

Die Folgen des Klimawandels zeigen sich in vielfältiger Weise, so wird etwa ein weiterer Anstieg von Extremwetterereignissen erwartet. Damit kommen auf Katastrophenschutz- und Einsatzorganisationen neue Herausforderungen zu. Das Projekt VOICE untersucht die zukünftige Rolle von ehrenamtlichem Engagement im Katastrophenschutz und erarbeitet Vorschläge zur Stärkung der Freiwilligenarbeit.

Einsatzorganisationen wie die Feuerwehr, das Rote Kreuz oder die Bergrettung mit ihrer großen Anzahl an ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern sind das Rückgrat des Katastrophenschutzes in Österreich. Im Jahr 2012 engagierten sich rund 360.000 Personen freiwillig in der Katastrophenhilfe und in Rettungsdiensten (BMASK, 2013). Das entspricht rund 5% der österreichischen Bevölkerung, d.h. etwa jeder 20. Österreicher ist in diesem Bereich freiwillig tätig. Allein die 256.300 aktiven Feuerwehrleute leisteten im Jahr 2012 rund vier Millionen Arbeitsstunden.

Einsatzorganisationen unmittelbar vom Klimawandel betroffen

Murenabgang und zerstörte Häuser
Feuerwehrbedienstete in einem Boot in einem Überschwemmungsgebiet

VOICE untersucht Freiwilligenarbeit im Katastrophenschutz

Das vom Klima- und Energiefonds geförderte Forschungsprojekt „VOICE – Voluntary work in disaster management – Challenges for adaptation to climate change“ untersucht, wie Freiwilligenarbeit künftig aussehen muss, um diesen Herausforderungen gerecht zu werden. Dabei werden ökonomische und soziale Effekte von ehrenamtlicher Katastrophenhilfe bewertet und die Auswirkungen klimatischer Einflüsse analysiert.

Hoher Stellenwert von Freiwilligen

Ehrenamtliche Einsatzkräfte nehmen in der Bevölkerung einen hohen Stellenwert ein. Die Hauptmotive sich in Einsatzorganisationen zu engagieren sind der Wunsch anderen zu helfen, das Gemeinschaftserlebnis in den Einsatzorganisationen, der Erwerb und Einsatz von technisch-praktischen Kompetenzen sowie der Erlebnischarakter. Das freiwillige Engagement ist in Österreich zwar seit Jahren unverändert hoch, es zeigt sich aber ein Trend zu unregelmäßigen, seltenerem Engagement. Dies kann die zukünftige Einsatzbereitschaft von geschultem Personal, insbesondere in entlegenen Regionen gefährden.

Unmittelbar nach den Hochwasserereignissen im Juni 2013 wurden in betroffenen Gemeinden (Gemeinde Kössen, Tirol und St. Andrä-Wördern, Niederösterreich) Befragungen zu Schutzmaßnahmen und zur Freiwilligenarbeit durchgeführt. Zur Frage, ob hauptberufliche Einsatzkräfte besser als ehrenamtlichen Einsatzkräften einzuschätzen wären, zeigte sich, dass ehrenamtliche Einsatzkräfte durchwegs als vertrauenswürdiger, besser mit regionalen Gegebenheiten vertraut und als kostengünstiger bewertet wurden. Diese Ergebnisse unterstreichen die soziale Anerkennung freiwilliger HelferInnen sowie deren hohe Bedeutung für den sozialen Zusammenhalt und die regionale Anpassungskapazität.

Die ökonomische Bewertung der Freiwilligenarbeit gestaltet sich als schwierig. Die bestehenden Kosten für die Einsatzinfrastruktur und die Einsatzstunden, stehen schwer bewertbaren Kostenminderungen gegenüber, wie geringeren Schadenskosten, weniger Aufwand für Aufräumarbeiten oder der Gewinn an Sicherheitsgefühl für die Bevölkerung.

Müsste man freiwillige Einsatzkräfte nach Marktpreisen entlohnen, würden etwa die geleisteten 320.000 Einsatzstunden nach dem Hochwasser 2005 in Tirol weitere 12 Mio. Euro von der öffentlichen Hand erfordern. Für eine verlässliche monetäre Abschätzung fehlen  geeignete Methoden und eine systematische, vergleichbare Sammlung und Auswertung von Daten. Ehrenamtliche Dienstleistungen in der Katastrophenhilfe fließen daher meist nicht in Methoden zur Investitionsentscheidung – wie etwa der Kosten-Nutzen-Analyse – von Schutzmaßnahmen ein.

Partizipative Entwicklung von Handlungsempfehlungen

Gemeinsam mit AkteurInnen aus unterschiedlichen Einsatzorganisationen, Politik und Verwaltung wurden in den zwei Fallstudienregionen (Steiermark und Vorarlberg) in mehreren Workshops Entwicklungsperspektiven für die Zukunft erarbeitet. Die daraus abgeleiteten Handlungsempfehlungen lassen sich in vier Bereiche einteilen.

1. Eigenvorsorge stärken

Maßnahmen zur Prävention gelten als grundlegend, um den Katastrophenschutz langfristig absichern zu können. Sie tragen zur Entlastung der unter zunehmendem Druck stehenden Einsatzkräfte bei.

2. Rahmenbedingungen für Freiwilligenengagement

Steigende Anforderungen im Berufsleben, der demografische Wandel, der Klimawandel etc. sind nur einige der Herausforderungen, mit denen die Freiwilligenarbeit konfrontiert ist. Für eine langfristige Absicherung des Freiwilligenengagements als eine wesentliche Säule des Katastrophenschutzes sollen die Rahmenbedingungen verbessert und vor allem die Attraktivität gesteigert werden.

3. Strukturelle Maßnahmen

Darunter fallen Maßnahmen zur Optimierung und besseren Vernetzung von Behörden, Gemeinden und Einsatzorganisationen, von Abläufen innerhalb von Einsatzorganisationen oder der Ausbildung.

4. Strategische Maßnahmen

Das sind Maßnahmen wie die systematische Sammlung und Aufbereitung von Daten über Einsätze bei Naturkatastrophen, Risikoanalysen und klimafitte Aktionspläne, aber auch die Sicherstellung der Tageseinsatzbereitschaft.

Bei der Abschlussveranstaltung am 26. November 2014 in der NÖ Landes-Feuerwehrschule in Tulln werden die zentralen Projektergebnisse vorgestellt und abschließend diskutiert. Die Veranstaltung richtet sich an sämtliche AkteurInnen im Katastrophenschutz.

Projektinformationen und Forschungsergebnisse werden auf der Projekt-Website kostenlos als Download zur Verfügung gestellt. (Oktober, 2014)

Weiterführende Informationen:

Projektleitung:

Sebastian Seebauer, Wegener Center für Klima und globalen Wandel

Projektpartner:

Umweltbundesamt GmbH

Riocom - Ingenieurbüro für Kulturtechnik und Wasserwirtschaft

Institut für Interdisziplinäre Gebirgsforschung, Österr. Akademie der Wissenschaften

Projektlaufzeit: März 2013 bis April 2015

Freiwilligenengagement in der Zukunft - Maßnahmen für die langfristige Absicherung der Freiwilligenarbeit im Katastrophenschutz