Schutzwald in Österreich – Wissensstand und Forschungsbedarf

Im November 2021 wurde zum ersten Mal der Sachstandbericht zum „Schutzwald in Österreich – Wissensstand und Forschungsbedarf“ präsentiert. Es ist die österreichweit erste, umfassende Analyse und Zusammenstellung des derzeitigen Wissensstandes der Forschung und Entwicklung zum Thema Schutzwald.

Foto auf einen Wald im Nationalpark Gesäuse.

In den Bericht „Schutzwald in Österreich – Wissensstand und Forschungsbedarf” haben 65 Wissenschaftler:innen aus verschiedenen österreichischen Forschungsinstitutionen ihre Fachkompetenz eingebracht. Der Bericht erläutert den aktuellen Wissensstand, beschreibt Wissensdefizite und definiert den künftigen Forschungsbedarf für Österreichs Schutzwälder in insgesamt achtzehn Themenbereichen, unterteilt in Grundlagen, Ökologie, Bewirtschaftung, Klimawandel sowie gesellschaftsrelevante Aspekte. Im abschließenden Kapitel werden wesentliche internationale Rahmenbedingungen, die den Schutzwald betreffen, behandelt.

Österreich ist untrennbar mit dem Landschaftsbild temperierter Wälder verbunden. Sie sind Grundlage für wirtschaftliche Unabhängigkeit und Wohlstand, verbessern die Lebensqualität und bieten Schutz vor abtragenden Kräften der Natur. Nachhaltig bewirtschaftete Wälder erbringen viele gesellschaftsrelevante Leistungen wie Bodenschutz, Schutz vor Naturgefahren, erneuerbare Rohstoff- und Energiequelle, Schaffung von Arbeitsplätzen, Klimaschutz, Erhaltung von Ökosystemen und damit den Erhalt der alpinen Landschaft. Wälder beeinflussen daher zu einem erheblichen Teil auch die kulturelle Identität Österreichs.

Im Bericht wird der Wald als prägendes Element der alpinen Landschaft betrachtet, der einen natürlichen Schutz vor Naturgefahren bietet. Diese Bergwälder unterliegen seit Jahrtausenden, besonders intensiv aber seit dem ausgehenden Mittelalter, einer vielfältigen Beanspruchung und Nutzung. Dazu zählen beispielsweise Waldweide, Streunutzung, Schneitelung, temporärer Ackerbau sowie intensive Holznutzung für Bergbau.

Schutzwälder leisten einen wichtigen Beitrag zum Schutz von Menschenleben, Infrastruktur und Ressourcen vor katastrophalen Ereignissen, verursacht durch Gefahrenprozesse wie Hochwasser, Hangrutschungen, Muren, Schneelawinen oder Steinschlag.

In Österreich sind etwa 30 % der Waldfläche als Wälder ausgewiesen, deren primäre Funktion die Verhinderung dieser Naturgefahrenprozesse ist. Wie alle Wälder stehen auch Schutzwälder in ständiger Wechselwirkung mit einer sich verändernden Biosphäre. Sie werden zunehmend mit Anforderungen an nachwachsende Rohstoffe und ressourcenorientierte Technologien sowie gesellschaftlichen Veränderungen konfrontiert.

In diesem Sinne bedeutet der Klimawandel in seinen unterschiedlichen Ausprägungen, wie extreme Niederschläge, Trockenheit oder einer Zunahme von Störungen, eine massive Bewährungsprobe für unsere Schutzwälder. Er stellt uns vor Herausforderungen, welche nur durch eine heuristische Herangehensweise im Sinne trans- und interdisziplinärer Anstrengungen bewältigt werden können.

Auch die verzögerte Wiederbewaldung im Schutzwald stellt vielerorts ein großes Problem dar. Daher sind Konzepte für die Optimierung der Baumartenwahl, rechtzeitige Verjüngung und optimale Waldstruktur, Minimierung des Naturgefahrenrisikos, optimiertes Wildtiermanagement, Anpassungen und Verbesserungen bei Wegebau und Ernteverfahren sowie für die Entwicklung entsprechender Handlungs- und Bewirtschaftungsanleitungen und deren Verankerung über vermehrte Schulung in der Praxis dringend erforderlich.

Ebenso sollten rasch Investitionen in Monitoring und wissenschaftliche Studien zu verschiedenen Themen, wie Saatgut-Herkunftsversuche, Bodenchemie / Stoffeinträge, Wasserhaushalt, Entwicklung nach Störungen, Überprüfung der Schutzwirkung nach Naturgefahrenprozessen und die Erhebung flächendeckender Daten zum Schutzwald, beispielsweise über die Waldtypisierung getätigt werden. Vor allem wird die Behandlung des legistischen Bereiches zu Fragen der Forstpolitik, Raumplanung und der Sozioökonomie entscheidend sein. (IO, November 2021)