Wissenschafter:innen warnen vor den Auswirkungen des Klimawandels auf Insekten

In den letzten Jahrzehnten mehren sich die Hinweise darauf, dass viele Insekten sowohl in gemäßigten als auch in tropischen Ökosystemen einen raschen Rückgang erleben. Während es schwer ist, diese Rückgänge einem bestimmten Faktor zuzuschreiben, gibt es unter den meisten Forscher:innen kaum Zweifel, dass der vom Menschen verursachte Klimawandel eine wichtige Rolle spielt.

Foto viebindige Furchenbiene

Der vom Menschen verursachte Klimawandel spielt eine wichtige Rolle beim raschen Rückgang der Insekten. Dabei haben die allmählich einsetzende Erwärmung und die kurzfristigen klimatischen Extreme unterschiedliche Auswirkungen auf Insekten, wobei letztere viele Arten bis an ihre thermische Toleranzgrenze (und darüber hinaus) bringen.

Der Verlust und die Fragmentierung von Lebensräumen, die chemische und organische Verschmutzung, invasive Arten und andere vom Menschen verursachte Umweltveränderungen, die weitgehend mit der menschlichen Landnutzung zusammenhängen, gelten derzeit als die Hauptursachen für den Rückgang von Insekten und anderen Wirbellosen und Wirbeltierarten. Von Bedeutung ist, dass der Klimawandel die Auswirkungen anderer Faktoren, insbesondere der menschlichen Landnutzung, verstärkt.  Die Fähigkeit der Insekten, sich den vielfältigen anthropogenen Belastungen zu entziehen oder sich an diese anzupassen, wird durch den Klimawandel beeinträchtigt. Das liegt daran, dass die klimabedingte Wanderung von Arten in neue Lebensräume nicht möglich ist, wenn die Landnutzung diese Orte bereits in ungeeignete Lebensräume verwandelt hat. Ebenso kann die Landnutzung große Hindernisse für die Ausbreitung der Arten darstellen.

Die Erwärmung kann sich unterschiedlich auf die Arten in den Nahrungsnetzen auswirken, was wiederum zu phänologischen Entkopplungen oder zum Verlust wichtiger Ressourcen führen kann. Der Verlust von Insekten hat ebenfalls Auswirkungen auf die Nahrungskette und könnte eine wichtige Rolle beim weit verbreiteten Rückgang ihrer „Konsumenten“ spielen, z. B. bei insektenfressenden Vögeln. Die umfassenden Auswirkungen des Insektenrückgangs auf Ökosystemebene und die Rolle, die die Klimaerwärmung dabei spielt, bedürfen daher weiterer Aufmerksamkeit.

Durch den Erhalt von Insektengemeinschaften und die Wiederherstellung des ökologischen Gleichgewichts in Agrarlandschaften kann das Wohlergehen der Menschen verbessert und ein erheblicher gesellschaftlicher Nutzen erzielt werden. Da der Klimawandel unvermindert anhält und insbesondere klimatische Extreme eine unmittelbare, kurzfristige Bedrohung für Insekten darstellen, die langfristige Folgen für die Ökosysteme hat, muss auch die Bedeutung der Bewirtschaftung und Wiederherstellung von Lebensräumen berücksichtigt werden. Lebensräume müssen so "klimafest" wie möglich gemacht werden und es den Insekten ermöglichen, Rückzugsräume zu finden, in denen sie extreme Klimaereignisse "überstehen" können. In größerem Maßstab sollten Korridore erhalten oder geschaffen werden, die es den Insekten ermöglichen, sich im Laufe der Zeit in klimatisch geeignete Lebensräume auszubreiten.

Wissenschafter:innen warnen davor, dass unzureichend gehandelt wird, um die Auswirkungen des Klimawandels auf Insekten zu verringern. Das würde bedeuten, dass sich die Möglichkeiten, eine nachhaltige Zukunft auf Grundlage gesunder, funktionierender Ökosysteme aufzubauen, drastisch verringern würden. (IO, Dez. 2022)

Mehr Information

Harvey, Jeffrey A., Kévin Tougeron, Rieta Gols, Robin Heinen, Mariana Abarca, Paul K. Abram, Yves Basset, et al. 2022. “Scientists’ Warning on Climate Change and Insects.” Ecological Monographs e1553. https://doi.org/10.1002/ecm.1553