StartClim 2014 – Aktuelle Beiträge zur Umsetzung der österreichischen Anpassungsstrategie
Wie in den letzten Jahren liefern auch die Projekte in StartClim2014 Beiträge zur Umsetzung der österreichischen Anpassungsstrategie. Die sechs Projekte befassten sich mit einem thematisch breit gespannten Bogen wie Tiergesundheit, witterungsunabhängigen Tourismusangeboten, dem Monitoring von Permafrost und wie kleinräumige Extremereignisse besser dokumentiert werden können.
Anpassung an den Klimawandel ist eine komplexe und langfristige Aufgabe, die uns noch viele Jahre begleiten wird. Die Projekte in StartClim2014 widmeten sich Fragestellungen, die die Umsetzung von Handlungsempfehlungen aus der Anpassungsstrategie wissenschaftlich unterstützen, bzw. notwendige Grundlagen für die konkrete Planung und Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen liefern.
Die Ergebnisse aus Startclim2014 wurden am 4. Dezember im Rahmen einer Pressekonferenz von Umweltminister Andrä Rupprechter und Fr. Prof. Helga Kromp-Kolb präsentiert. Minister Rupprechter betont die Bedeutung des Programms, indem er erklärt, dass „StartClim das Know-how direkt aus der Forschung zu den einzelnen betroffenen Gruppen bringt.“ Frau Prof. Kromp-Kolb hebt hervor, dass die Projekte wertvolle Beiträge zur Umsetzung der österreichischen Klimawandel-Anpassungsstrategie liefern.
Screening von Witterungsverhältnissen
Extremereignisse wie Starkregen, Hagel und Stürme treten Jahr für Jahr auf und verursachen lokal beträchtliche Schäden. Ihre Bewältigung stellt sämtliche involvierte AkteurInnen im Katastrophenschutz, wie Einsatz- und Rettungsorganisationen sowie regionale und lokale Behörden, vor große Herausforderungen. Der Klimawandel wird in absehbarer Zukunft diese Herausforderungen verstärken, eine Zunahme der Heftigkeit derartiger Extremereignisse wird bereits beobachtet. Eine systematische Analyse und Verschneidung sämtlicher Daten zwischen den beteiligten Organisationen wird derzeit nicht durchgeführt. Für die Einsatzplanung und die Katastrophen-Nachsorge ist dies jedoch wichtig, um Optimierungspotentiale zu identifizieren. Im Projekt SNORRE (Screening von kleinräumigen Witterungsverhältnissen) wurde unter Einbindung von relevanten AkteurInnen ein Konzept entwickelt, wie Ereignisse besser dokumentiert, analysiert und bewertet sowie das vorhandene Datenmaterial in einer gemeinsamen Plattform zusammengeführt werden kann. Für die Dokumentation wurde ein umfassendes Datenblatt entwickelt, das meteorologische Daten, Einsatzprotokolle, Angaben zur eingesetzten Ausrüstung, Schadensbeschreibungen, eine Fotodokumentation, Medienberichte usw. enthält.
Permafrost-Monitoring zur Prävention von Naturgefahren
Permafrost – oder ganzjährig gefrorener Untergrund mit einer oberflächlichen saisonalen Auftauschicht – ist in den Hochgebirgen ein weit verbreitetes Phänomen. In Österreich sind davon rund 2,5% der Fläche betroffen. 23 Schigebiete, 31 Speicherseen und 42 alpine Schutzhütten sind von Permafrost beeinflusst, d.h. die Stabilität und die Sicherheit baulicher Konstruktionen wie Dämme, Seilbahnen und Häuser sind durch steigende Temperaturen und dem damit verbundenen Auftauen der Böden gefährdet. Sogar die höchstgelegene alpine Schutzhütte in Österreich – die in 3454 m gelegene Erzherzog-Johann-Hütte in der Glocknergruppe – wurde in jüngster Vergangenheit von Veränderungen im Permafrost beeinflusst. In Österreich gibt es bislang kein flächendeckendes, koordiniertes und institutionalisiertes Messnetz zur Beobachtung dieser Phänomene. Dies erschwert das wissenschaftliche Verständnis der zugrundeliegenden Prozesse. Die Etablierung eines flächendeckenden Monitoring ist aus der Sicht der ExpertInnen für die Naturgefahrenprävention und hinsichtlich der Anpassung an den Klimawandel und somit auch aus wirtschaftlicher Sicht sinnvoll. Für die Einrichtung ist eine Mindestinvestition von rund 1.5 Mio. € erforderlich. Potentielle Geldgeber könnten – nach Schweizer Vorbild –Partner aus Wirtschaft und Forschung (öffentliche Hand) sein.
Witterungsunabhängige Tourismusangebote in Österreich
Der Klimawandel bringt Risiken und Chancen für den Tourismus mit sich. Die verstärkte Entwicklung von witterungsunabhängigen Angeboten ist eine wichtige Anpassungsstrategie. Entsprechende Angebote sollten im Idealfall mögliche Ausfälle im Winter kompensieren bzw. die Angebote im Sommer attraktiver gestalten. Auch eine Stärkung von Frühjahr und Herbst stellt eine empfohlene Anpassungsmaßnahme dar, um eine gleichmäßigere Auslastung zu erreichen. Die vielfältige Natur- und Kulturlandschaft in Österreich bietet ein großes Potential für zahlreiche naturtouristische und Naturerlebnis-Angebote. Aktuelle Forschungsergebnisse bestätigen, dass bei Touristen großes Interesse an Naturerlebnis-Angeboten besteht. Doch wie sieht die aktuelle Situation von witterungsunabhängigen Naturerlebnisangeboten in Österreich aus?
Als witterungsunabhängig definieren die ExpertInnen jene touristischen Angebote, die mindestens acht Monate im Jahr verfügbar sind, einen lokalen Bezug haben und eine breite Zielgruppe ansprechen. Insgesamt wurden in der Studie 236 witterungsunabhängige Angebote von 118 verschiedenen Anbietern erfasst, die meisten davon in der Steiermark, in Niederösterreich und im Burgenland. Die Diskussion mit VertreterInnen der Österreichischen Hoteliervereinigung zeigte, dass eine Angebotsgestaltung in Richtung Ganzjahrestourismus nur gelingen kann, wenn Kriterien wie Authentizität und Erlebnisinszenierung erfüllt sind. Auch die Kooperation mit regionalen PartnerInnen ist ein wesentlicher Faktor.
Einfluss von Klimaeffekten auf Tierwohl und Leistung in der Nutztierhaltung
Die landwirtschaftliche Nutztierhaltung einschließlich der Futtererzeugung ist unmittelbar vom Klimawandel betroffen. Bisher beschränkten sich Anpassungsstrategien zumeist auf die technische Anpassung von Haltungssystemen. Einfach anwendbare Konzepte um die Klima-Empfindlichkeit von tierhaltenden Betrieben zu bewerten, fehlten bislang. Um den Einfluss des Klimawandels auf die Produktivität und Tiergesundheit zu eruieren, wurden 10 Kriterien mit insgesamt 63 Merkmalen entwickelt.
Folgende Faktoren wurden u. a. als besonders wichtig für das Erreichen einer optimalen Produktivität, eines möglichst hohen Tierwohls und günstiger ökonomischer Leistungsfähigkeit identifiziert:
- Die langfristige quantitative und qualitative Sicherung der Wasserversorgung
- Der Einsatz von (technischen) Maßnahmen gegen die Einwirkung von hohen Temperaturen, direkter Sonneneinstrahlung oder anderer Klimafaktoren
- Managementmaßnahmen wie der Einsatz von Gesundheitsplänen und Maßnahmen gegen allenfalls neu auftretende Krankheiten
- Langfristige Sicherung der Futterversorgung
Auch der Frage nach dem Einfluss der Temperatur auf Leistung und Gesundheit von Milchkühen gingen die ExpertInnen nach. Durch eine Erhebung zur Tierhaltung und Lüftung bei 150 Betrieben und der Verknüpfung mit meteorologischen Daten konnte nachgewiesen werden, dass Milchleistung und Gesundheit unter höheren Temperaturen merklich leiden – abhängig vom eingesetzten Haltungssystem. Die Ergebnisse untermauern die Notwendigkeit, Maßnahmen zur Verminderung von Hitzestress für Milchkühe zu treffen.
Bedeutung des Klimawandels für Ernährung und Krankheiten alpiner Wildarten
Wildtiere des Alpenraumes wie Gams- und Steinwild oder Birk- und Schneehuhn, sind in den letzten Jahrzehnten verstärkt von Änderungen des Lebensraums und dem damit verbundenen Auftreten von Krankheitserregern betroffen. Eine deutliche Zunahme parasitärer Erkrankungen in Hochlagen (über 2.500 m Seehöhe) ist dokumentiert. Der frühere Vegetationsbeginn beeinflusst die Ernährungssituation. Durch Änderungen des Rohfaseranteils in den Pflanzen entwickeln sich die Jungtiere schlechter. Dies führt in Folge besonders bei jungen Wildtieren zu einer schlechteren Kondition im Herbst, zu einer höheren Krankheitsanfälligkeit und damit zu größeren Verlusten im Winter/Nachwinter. Offenkundig ist, dass der Einfluss des Klimawandels auf Wildtiere schon jetzt deutlich ist, und dass dieser sich mit zunehmendem Klimawandel noch weiter verschärfen wird.
Das Forschungsprogramm StartClim
StartClim wurde im Jahr 2003 auf Initiative von WissenschaftlerInnen und vom BMLFUW mit dem Ziel gegründet, die Folgen des Klimawandels zu untersuchen und Gegenmaßnahmen zu entwickeln. Es hat zur Stärkung und Vergrößerung der österreichischen Klimafolgenforschungscommunity beigetragen und sich zu einem wichtigen Bestandteil der österreichischen Klimafolgen- und Anpassungsforschung entwickelt. Seit 2012 stehen in den Ausschreibungen Themen im Vordergrund, die zur Umsetzung der österreichischen Anpassungsstrategie beitragen. Interdisziplinäre Vernetzung und der Austausch zwischen den Projekten sind wesentliche Elemente des Programms. Im Vordergrund stehen praxisorientierte Fragestellungen, die konkrete Unterstützung für potenzielle AnwenderInnen liefern. Das Forschungsprogramm ist als flexibles Instrument gestaltet, das durch die kurze Laufzeit und die jährliche Vergabe von Projekten rasch aktuelle Themen im Bereich Klimawandel aufgreifen kann.
StartClim wird wissenschaftlich von Univ.-Prof. Dr. Helga Kromp-Kolb (Institut für Meteorologie, Universität für Bodenkultur Wien) geleitet und vom Umweltbundesamt administrativ betreut.
Das Koordinierungsgremium – bestehend aus den Geldgebern - legt in seinen Sitzungen gemeinschaftlich die Themenbereiche für die Ausschreibung der Projekte fest. Projektanträge werden vom internationalen wissenschaftlichen Beirat begutachtet. Darauf basierend wählt das Koordinierungsgremium Projekte zur Vergabe aus.
Die im Jahr 2014 durchgeführten StartClim-Projekte wurden von BMLFUW, BMWFW, den Österreichischen Bundesforsten und dem Land Oberösterreich finanziert. Die nächste Ausschreibung ist für Jänner 2016 geplant. (Dezember 2015)
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