Alles nur ein Spiel?
Die COP25 sorgt schon vor ihrem Beginn für Schlagzeilen: Fünf Wochen davor muss Chile aufgrund von Unruhen im eigenen Land die Ausrichtung der COP absagen. Ein Alternativort muss eiligst gefunden werden. Es ist nicht einfach, 25.000 Konferenzteilnehmer aus 197 Staaten, die heterogener nicht sein können, zu einem gemeinsam abgestimmten Klimaschutz zu motivieren. Mit World Climate, einem simulationsbasierten Rollenspiel, kann man sich selbst davon überzeugen.
Das Spiel soll leisten, woran Lehrbücher, Klimaberichte und mediale Berichterstattung häufig scheitern: Bewusstsein für den Klimawandel erzeugen und helfen, die Lethargie des Nichtstuns zu durchbrechen. Es wurde von der NGO Climate Interactive entwickelt, gemeinsam mit Wissenschaftlern der MIT Sloan School of Management und der University of Massachusetts. Mehr als 50 000 Menschen in 85 Ländern haben »World Climate« bereits gespielt, darunter Schülerinnen und Schüler, Politikerinnen und Politiker, Nobelpreisträgerinnen und –preisträger sowie Vertreterinnen und Vertreter der Ölindustrie.
Bei »World Climate« schlüpfen die Teilnehmenden in die Rolle von Delegierten für die UN Klimaverhandlungen und verhandeln in mehreren Teams darüber, wie das im Klimavertrag von Paris vereinbarte Zwei-Grad-Ziel erreicht werden soll. Industriestaaten und Entwicklungsländer verteidigen ihre nationalen Interessen, Umweltaktivisten und Öllobbyisten versuchen, Einfluss zu nehmen. Dabei erfahren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am eigenen Leib, wie vielfältig die Interessen der einzelnen Staaten sind. Sie vertreten konkrete Standpunkte, die eventuell gar nicht ihren eigenen Ansichten entsprechen. Dadurch entsteht Verständnis und das Bedürfnis nach neuen Lösungsmöglichkeiten.
Mit „C-ROADS“ (entwickelt von der US-Denkfabrik Climate Interactive für PCs), dem gleichen Simulator, den die UN-Delegierten in der wirklichen Welt benutzen, erfahren die Spielerinnen und Spieler bei „World Climate“ mit nur wenigen Mausklicks, welche Effekte sich aus ihren klimapolitischen Vorschlägen für das Weltklima ergeben. Am Computer wird dabei die gesamte Weltwirtschaft und Klimapolitik simuliert. Können die Mitspieler keinen ausreichenden Klimaschutz bewirken, deckt der Spielleiter über die eine oder andere Gruppen eine blaue Plastikplane als Symbol dafür, dass bei ungebremstem Meeresspiegelanstieg ganze Länder verschwinden werden.
Wie das Spiel auf die Mitspielenden wirkt, zeigt eine wissenschaftliche Studie (veröffentlicht im Journal PLOS-ONE), an der bereits mehr als 2000 Personen teilgenommen haben, die vor und nach dem Spiel befragt wurden. Statistisch signifikante Zugewinne wurden nicht nur in den Bereichen erzielt, wo es um das Wissen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu den Ursachen des Klimawandels und den Folgen daraus ging, sondern auch um die emotionale Einstellung der Personen. So hinterließ das Spiel bei den Menschen ein messbar intensiveres Gefühl von Dringlichkeit und Hoffnung in Bezug auf den Klimawandel und den Wunsch und die eigene Bereitschaft, mehr darüber zu erfahren und selbst mehr gegen den Klimawandel zu tun.
Mit dem Wold Climate Spiel liegt ein Kommunikations-Tool vor, das Menschen für die Dringlichkeit der Klimafrage sensibilisiert und gleichzeitig motiviert, indem es Perspektivenwechsel fördert, Emotionen erzeugt und Handlungsoptionen aufzeigt. (EM, November 2019)