Anpassung an den Klimawandel in transnationalen Regionen Europas
Ein Bericht des European Topic Centre zu Klimawandelanpassung und ein darauf basierendes Briefing der Europäischen Umweltagentur liefern eine Analyse und einen Überblick über länderübergreifende Formen der Zusammenarbeit zur Anpassung an den Klimawandel. Die Zusammenarbeit zwischen Ländern und Regionen in transnationalen Kooperationsräumen spielt eine Schlüsselrolle bei Wissensaufbau, Wissenstransfer und Erfahrungsaustausch.
Im Dezember 2018 veröffentlichte die Europäische Umweltagentur ein Briefing-Papier zum Thema „Klimawandelanpassung in transnationalen Regionen“. Das Papier fasst wesentliche Ergebnisse eines Analyseberichts des European Topic Centre zu Klimawandelanpassung zusammen. Beide Publikationen geben einen Überblick, wie europäische Länder bei der Anpassung an den Klimawandel im Rahmen transnationaler Kooperationsräume zusammenarbeiten. Der Fokus liegt dabei auf den INTERREG-V-B-Programmen sowie auf der Rolle makroregionaler EU-Strategien und Konventionen. Österreich ist in den transnationalen Regionen „Danube“, „Alpine Space“ und „Central Europe“ verortet, die sich teils überlappen. Österreichische Institutionen waren und sind an zahlreichen anpassungsrelevanten Projekten der entsprechenden INTERREG-Programme beteiligt.
Alle transnationalen Regionen in Europa sind zunehmend von Auswirkungen des Klimawandels betroffen. Einige dieser Regionen sind besonders anfällig für weitreichende Veränderungen und gelten daher als Hotspots. Hierzu zählen vor allem:
- die Nördliche Peripherie und Arktis,
- Südwesteuropa und der Mittelmeer-Raum (einschließlich großer Teile der Adriatisch-Ionischen und Balkan-Mittelmeer-Regionen),
- sowie die Bergregionen des Alpenraums.
Überblick über die relevanten beobachteten und erwarteten Klimaänderungen und -auswirkungen für die transnationalen Regionen „Donauraum“, „Alpenraum“ und „Zentral-Europa“:
Klimawandelfolgen | Danube | Alpine Space | Central Europe |
Anstieg Lufttemperatur | X | X (über dem globalen und europäischen Durchschnitt) | X |
Abnahme Niederschläge | X | X (am südlichen Alpenrand) | X Abnahme Sommerniederschläge |
Zunahme Niederschläge |
| X (hauptsächlich am nördlichen Alpenrand) | X Zunahme Winterniederschläge |
Zunahme Hitzeextreme und Hitzewellen | X |
| X |
Zunahme Extremniederschlagsereignisse | X (im Winter für das mittlere Donaugebiet) | X (Fokus auf kleinräumige extreme Niederschlagsereignisse) |
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Erhöhtes Risiko für Flussüberschwemmungen | X |
| X |
Verminderung Gesamtwasserverfügbarkeit | X |
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Zunahme der Häufigkeit von Dürren | X (insbesondere in südlichen Teilen) | X (Fokus auf Sommerdürren) | X (Häufigkeit bzw. Intensität) |
Zunahme Häufigkeit bzw. Intensität schwerer Stürme |
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| X |
Abnahme der Gletscherausdehnung, der Schneemenge und der jährlichen Schneedauer |
| X | X (Rückgang der Schnee- und Eisbedeckung) |
Änderung der Flussabflusssysteme |
| X |
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Zunahme Auftauen Permafrost und zunehmende Hanginstabilität |
| X |
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Veränderung im Biodiversitätsregime | X | X |
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Die transnationale Zusammenarbeit stützt sich vor allem auf EU-Fördermittel der Interreg-V-B-Programme. Diese kofinanzierten Projekte haben in den letzten beiden Förderperioden zahlreiche Anpassungsaktivitäten in allen transnationalen Regionen unterstützt. Die Bandbreite reicht vom Aufbau der Wissensbasis für Anpassung und der Bereitstellung von Entscheidungs- und Praxishilfen über Bewusstseinsbildung und Kapazitätsaufbau (Schulungen etc.) bis zum Anstoßen von anpassungspolitischen Prozessen und zur pilothaften Umsetzung von Anpassungsinitiativen. In der laufenden Förderperiode 2014-2020 ist Klimawandelanpassung allerdings nur in einigen Programmräumen eine eigenständige Förderpriorität.
Die transnationale Zusammenarbeit hat insbesondere auf folgenden Ebenen Mehrwert generiert:
- die Schaffung und den Austausch von regional spezifischem Anpassungswissen (meist projektbasiert und sektorspezifisch, seltener sektorübergreifend bzw. integriert)
- den Austausch von Instrumenten und bewährten Verfahren,
- webbasierte Anpassungsplattformen (wie z.B. CAPA – The Climate Adaptation Platform for the Alps), Wissenszentren und Netzwerke.
Die gemeinsame Planung und Umsetzung von konkreten – auch grenzüberschreitenden – Anpassungsmaßnahmen findet leider noch zu wenig statt. Dies liegt zum einen daran, dass Zielgruppen außerhalb der Projektpartnerschaft nur ungenügend erreicht werden. Zum anderen werden gewonnene Erkenntnisse nicht immer gut genutzt, weil Projekte und damit auch die Finanzierung zu Ende gehen, es an klaren Verantwortlichkeiten für gemeinsam entwickelte Produkte mangelt und ein dauerhaftes Modell zur Verstetigung fehlt.
In einigen transnationalen Regionen wurden gemeinsame spezifische Anpassungsstrategien bzw. Aktionspläne entwickelt. Beispiele sind der Klimaaktionsplan der Alpenkonvention (2009), ein neues Zielsystem 2050 für klimaneutrale und klimaresiliente Alpen der Alpenkonvention (2019) und die Strategie zur Anpassung an den Klimawandel für das Donaubecken (ICPDR, 2012). Dieses bildet die Grundlage für die Integration von Klimaanpassung in die Umsetzung der EU Wasserrahmenrichtlinie und der EU Hochwasser-Richtlinie. Der Umsetzungsgrad solcher transnationaler Anpassungsstrategien fällt grundsätzlich sehr unterschiedlich aus.
Bestimmte Mechanismen stellen sicher, dass kofinanzierte INTERREG-Projekte mit den Zielen der makroregionalen EU-Strategien übereinstimmen. Bei der EUSALP (EU-Strategie für den Alpenraum) wird Klimawandelanpassung gemeinsam mit dem Naturgefahren- und Katastrophenrisikomanagement betrachtet. Die EUSDR (EU-Strategie für den Donauraum) behandelt Klimawandelanpassung als Umweltthema, v.a. in Zusammenhang mit Hochwasser und Wasserwirtschaft.
Im Folgenden ein Überblick über Kooperationsinitiativen (EU-Makroregionsstrategien, internationale Übereinkommen sowie Anpassungsstrategien und -pläne) mit Relevanz für Klimawandelanpassung in den transnationalen Regionen „Danube“, „Alpine Space“ und „Central Europe“:
Transnationale Region | EU Makroregionale Strategie | Internationale Konventionen | Spezifische Regionalstrategien und -Aktionspläne zur Klimawandelanpassung |
Danube | EUSDR (2010) | Danube River Protection Convention (1994) Carpathian Convention (2003) Alpine Convention (1991) Barcelona Convention (1995) mit dem ICZM Protokoll (2008) Bucharest Convention (1992) | Danube strategy on adaptation to climate change (ICPDR, 2012) Danube river basin district management plan (2009, 2015) Danube flood risk management plan (2015) Strategic agenda on adaptation to climate change in the Carpathian region (Carpathian Convention, 2014) |
Alpine Space | EUSALP (2015) | Alpine Convention (1991) | Alpine strategy for adaptation to climate change in the field of natural hazards (Planalp, 2013) Action plan on climate change in the Alps (Alpine Convention, 2009) Climate Target System 2050 for climate-neutral and climate-resilient Alps (Alpine Convention, 2019) |
Central Europe | EUSDR (2010) EUSALP (2015) EUSAIR (2014) | Danube River Protection Convention (1994) Carpathian Convention (2003) Alpine Convention (1991) Helsinki Convention (1992) Barcelona Convention (1995) mit dem ICZM-Protokoll (2008) | Danube strategy on adaptation to climate change (ICPDR, 2012) Danube river basin district management plan (2009, 2015) Danube flood risk management plan (2015) Strategic agenda on adaptation to climate change in the Carpathian region (Carpathian Convention, 2014) |
Der Bericht und das EEA Briefing verdeutlichen einerseits den substanziellen Mehrwert, der durch transnationale Kooperation für die Anpassung an den Klimawandel in europäischen Regionen geschaffen wurde, zeigen andererseits aber auch bestehende Lücken und Verbesserungsmöglichkeiten auf. Dies soll nicht zuletzt dazu beitragen, die Bedeutung der Klimawandelanpassung im nächsten mehrjährigen Finanzrahmen der EU und in den zukünftigen transnationalen Kooperationsinstrumenten zu stärken. (WL, MO; April 2019)
Briefing auf der Seite der Europäischen Umweltagentur (in englischer Sprache)
Zitierhinweis: Ramieri E., M. Breil., S. Castellari, E. Calliari, W. Lexer, S. Fronzek (2018) “Adaptation policies and knowledge base in transnational regions in Europe”. European Topic Centre on Climate Change impacts, Vulnerability and Adaptation (ETC/CCA) Technical Paper 2018/4. cca.eionet.europa.eu/reports/TP_4-2018