Wie wirkt sich der Klimawandel auf Deutschland aus?
Erstmals liegt für Deutschland eine sektorenübergreifende und konsistente Analyse über die Folgen des Klimawandels vor. Diese Studie mit dem Titel „Vulnerabilität Deutschlands gegenüber dem Klimawandel“ wurde gemeinsam von 16 Bundesbehörden und einem wissenschaftlichen Konsortium erstellt. Die Ergebnisse werden als wesentlicher Baustein für die Weiterentwicklung der Deutschen Anpassungsstrategie herangezogen.
Um ein Gesamtbild über die zukünftigen Folgen des Klimawandels in Deutschland zu erhalten, wurde in einem ersten Schritt eine einheitliche Analysemethode entwickelt. Diese wurde in einem nächsten Schritt für alle Handlungsfelder der Deutschen Anpassungsstrategie (DAS) angewandt, sodass vergleichbare Aussagen möglich waren.
Im Zentrum stand die Darstellung der Vulnerabilität (Verwundbarkeit) gegenüber dem Klimawandel (nach IPCC). Die Vulnerabilität gibt an inwieweit ein System oder AkteurInnen anfällig gegenüber nachteiligen Auswirkungen des Klimawandels sind. Sie hängt vom Ausmaß, der Geschwindigkeit und der Schwankungsbreite der Klimaänderung ab, welcher das System ausgesetzt ist. Darüber hinaus setzt sie sich aus der Sensitivität oder Empfindlichkeit des Systems oder der AkteurInnen sowie der Anpassungskapazität zusammen.
Im Rahmen der Studie wurden gegenwärtige sowie zukünftige Auswirkungen für 2021 bis 2050 (nahe Zukunft) und für 2071 bis 2100 (ferne Zukunft) betrachtet. Um die Bandbreite der zukünftig möglichen Entwicklungen abzudecken, wurden zwei Szenarien betrachtet: Szenario eines schwachen Klimawandels und eines starken Klimawandels. Neben der klimatischen Entwicklung fanden – erstmals für Deutschland - auch sozioökonomische Szenarien (z.B. Veränderung der Landnutzung), ökonomische und demographische Entwicklungen Eingang. Für die ferne Zukunft wurden aufgrund fehlender robuster sozio-ökonomischer Aussagen ausschließlich Klimasignale modelliert.
Insgesamt wurden für die Vulnerabilitätsstudie Deutschland 72 mögliche Auswirkungen des Klimawandels in den 15 Handlungsfeldern der DAS berücksichtigt. Bestehende Datenlücken wurden mit Informationen aus ExpertInneninterviews geschlossen.
Für diese ausgewählten Klimawirkungen wurden anschließend in Workshops mit ExpertInnen relevante Sensitivitäten (Empfindlichkeiten) diskutiert und mit den Netzwerkpartnern eine Analysemethodik identifiziert (Wirkmodelle, Proxyindikatoren oder Expertenbefragung), die die Grundlage für die weiteren Bewertungsschritte darstellte.
Das Ergebnis zeigt, dass Deutschlands Regionen unterschiedlich stark vom Klimawandel betroffen sein werden. Zusammenfassend betrachtet lassen sich jedoch folgende sechs grundsätzlich besonders relevante Handlungsbereiche aus der Studie ableiten:
- Schäden durch ansteigende Hitzebelastung in Verdichtungsräumen
- Beeinträchtigung der Wassernutzung durch zunehmende Erwärmung und vermehrte Sommertrockenheit, die vor allem in der fernen Zukunft an Bedeutung gewinnen kann
- Schäden an Gebäuden und Infrastrukturen durch Starkregen und Sturzfluten in urbanen Räumen
- Schäden an Gebäuden und Infrastrukturen durch Flussüberschwemmungen
- Schäden an Küsten durch vor allem in der fernen Zukunft möglichen erhöhten Seegang und steigende Sturmflutgefahr aufgrund eines weiteren Anstiegs des Meeresspiegels
- Veränderung der Zusammensetzung und der natürlichen Entwicklungsphasen von Arten.
Neben der Gesamtbetrachtung sind im rund 690 Seiten starken Bericht auch die Vulnerabilitätsabschätzungen für die unterschiedlichen Handlungsfelder nachzulesen. Zusätzlich wird die angewandte Analysemethode sowie die Datenquelle im Detail beschrieben.
Über einen Zeitraum von vier Jahren wurde die Studie vom Netzwerk Vulnerabilität, bestehend aus 16 Bundesbehörden sowie einem wissenschaftlichen Konsortium (adelphi consult, plan & risk consult, EURAC research und IKU), erarbeitet. Das Netzwerk Vulnerabilität wurde 2011 im Auftrag der Bundesregierung gegründet und durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) finanziert. Die Koordination wurde vom Kompetenzzentrum Klimafolgen und Anpassung (KomPass) im Umweltbundesamt Deutschland übernommen.
Neben dem umfassenden Bericht steht eine Kurzfassung als Download im Internet zur Verfügung. (März, 2016)