ILLAS: Hangrutschungen, Klimawandel und Landnutzung

Sowohl langfristige Landnutzungsveränderungen als auch der Klimawandel haben einen Einfluss auf das Auftreten von Hangrutschungen. Dies zeigen die Ergebnisse des Forschungsprojektes ILLAS, welches zwischen 2017 und 2019 federführend durch das Austrian Institute of Technology umgesetzt wurde. Die Gefahr von Hangrutschungen wird in Zukunft in Österreich weiter zunehmen.

Hangrutschungen sind eine Naturgefahr in Österreich, deren Relevanz und Gefährdungspotential durch den Klimawandel in Zukunft zunehmen wird. Dabei ist nicht nur steiles Gelände betroffen, sondern auch hügelige Gebiete. Hangrutschungen treten am häufigsten bei Hangneigungen zwischen 3 - 5° und 10° auf. Sie sind sehr schwer vorherzusehen und treten oft plötzlich auf. Der wichtigste Auslöser für Hangrutschungen in Österreich sind starke Niederschlagsereignisse. Aber nicht nur diese beeinflussen die Gefährdungslage, sondern ebenso die historische Landnutzung. Der Einfluss vergangener Landnutzung auf heutige Charakteristika wird unter dem Begriff „land-use legacy“ („Landnutzungserbschaft“) diskutiert (ein Beispiel abseits von Hangrutschungen sind Waldstandorte, welche bereits vor 150 Jahren mit Wald bestockt waren und nun weniger stark von Störungen wie Windwurf oder Waldbränden betroffen sind als solche, wo kein Wald wuchs). Forscherinnen und Forscher gehen davon aus, dass Hangrutschungen in Zukunft noch häufiger auftreten werden als bisher.

Genau diesem Thema widmete sich eine Forschungsgruppe aus Österreich und Deutschland im Rahmen des vom Klima- und Energiefonds geförderten ACRP-Projektes ILLAS „Integrated Land use Legacies in Landslide Risk Assessment to support Spatial planning“. Zwischen 2017 und 2019 beleuchtete das Projekt die Relevanz historischer Landnutzung und eines sich verändernden Klimas für das Auftreten von Hangrutschungen. Dafür wurden historische Landnutzungsdaten und Klimaaufzeichnungen genutzt und in sogenannten GAMs (Generalized Additive Models) die Effekte auf unterschiedliche Hangrutschungen analysiert. Detaillierte Methodenbeschreibungen und Ergebnisse sind in den drei Projekt-Factsheets -A „Hangstabilität und Veränderung in der Landnutzung“, B „Historische Landnutzung in den Testgebieten“ und C „Historische Wetteraufzeichnungen, künftiges Klima und Einschätzung der Klimafolgen“ zu finden.

Die Testregionen (Waidhofen an der Ybbs / Niederösterreich und Paldau / Steiermark) wurden nach einem umfassenden Kriterienkatalog ausgewählt. Sie liegen in ehemals nicht vergletscherten alpinen Randbereichen. In beiden Regionen zeigen die Klimasimulationen für die Zukunft eine deutliche Zunahme extremer Niederschlagsereignisse. Für die Gemeinden wurden die historischen Landnutzungen für drei Zeiträume (ca. 1820, ca. 1960 und 2015) rekonstruiert. In beiden Regionen haben Ackerflächen stark abgenommen, Wälder, Grünland und Siedlungsgebiete dehnten sich aus. Die Erträge sowohl in der Forst- als auch in der Landwirtschaft nahmen zu, ebenso die Bodenverdichtung. Durch das Befliegen mit Flugzeugen wurden Laserscan-Daten (LiDAR) generiert und damit komplette Inventare der Hangrutschungen geschaffen. Diese Daten zeigten, dass Hangrutschungen in beiden Gemeinden eine viel größere Rolle spielen, als bisher angenommen: Es wurden in Summe 1.184 (!) Hangrutschungen erfasst.

Folgende Erkenntnisse können unter anderen für österreichische Gemeinden aus dem Projekt ILLAS abgeleitet werden:

  • Langfristige Landnutzungsveränderungen haben einen Einfluss auf das Auftreten von Hangrutschungen.
  • Angesichts des Klimawandels ist mit einer Zunahme extremer Niederschlagsereignisse und dadurch mit einem deutlichen Anstieg des klimabedingten Hangrutschungsrisikos zu rechnen. Künftige Starkniederschlagsereignisse können nicht exakt “vorhergesagt” werden, jedoch können Häufigkeit und Intensität von Extremereignissen in künftigen Jahren und Jahrzehnten abgeschätzt werden.
  • Die in ILLAS erarbeiteten Modellrechnungen zur räumlichen Gefährdung durch Hangrutschungen stellen ein wertvolles Werkzeug für Fragen der Raumordnung dar.
  • 40 mm Niederschlag pro Tag scheint ein wichtiger Anhaltspunkt zu sein. Ab diesem Grenzwert wurden in beiden Testregionen Hangrutschungen ausgelöst. Diese Zahl sollte im Bewusstsein der Gemeindeakteurinnen und -akteure verankert werden.
  • Schutzwaldfunktionen sind bei der Raumplanung / Siedlungsentwicklung nicht zu vernachlässigen und es sollte auf eine gute Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Geologinnen bzw. Geologen geachtet werden.
  • Eine korrekte Wasserableitung ist wichtig, um neue Hangrutschungen zu vermeiden. Bodenverdichtungen / Versiegelungen und damit Oberflächenabflüsse sind so weit als möglich zu reduzieren.
  • Bei Präventions- und Sanierungsmaßnahmen sollte Gemeinde- bzw. Bundeslandgrenzen übergreifend agiert werden. (MO, April 2020)

Weiterführende Informationen

Projektleitung: Austrian Institute of Technology (Philip Leopold)

Projektpartner: Universität Klagenfurt (Simone Gingrich), Friedrich-Schiller-Universität Jena (Helene Petschko), Joanneum Research (Herwig Proske)

Projektlaufzeit: 01.03.2017 - 30.09.2019

 

Zum Thema

Ergebnisse aus dem Projekt ILLAS