Bauwerksbegrünung: Konjunkturbelebung und mehr Ökologie im österreichischen Bauwesen
Bauwerksbegrünungen liegen nicht nur im Trend, sie sind ein wertvoller Baustein für eine nachhaltige Entwicklung im Bereich Klimawandelanpassung und ein Motor für regionale Wertschöpfung und Arbeitsplatzschaffung. Ihre Vorteile und ein Maßnahmenpaket zur Forcierung von Bauwerksbegrünung legte das Innovationslabor GRÜNSTATTGRAU in einem Positionspapier anschaulich dar.
Gebäudeintegrierter und gebäudenaher, zugänglicher Grünraum ist unerlässlich für die physische und mentale Gesundheit der Menschen, entlastet öffentliche Grünanlagen und spart CO2. Dies wurde durch den Lockdown im Frühjahr 2020 besonders spürbar. Bauwerksbegrünungen tragen zu einem höheren Wohlbefinden im eigenen nahen Wohnumfeld bei und sind ein wesentlicher Bestandteil, um den Auf- und Ausbau von Grünen Infrastrukturen (GI) zur Bewältigung der ökonomischen, ökologischen und gesellschaftlichen Folgen des Klimawandels zu bewerkstelligen (nachzulesen unter European Green Infrastructure Strategy, Europäische Kommission 2014).
Denn die Wirkungen von Bauwerksbegrünungen sind vielfältig. Sie erhöhen zum Beispiel den Regenwasserrückhalt (Retentionsleistung = Verdunstungskapazität = Kühlkapazität) und reduzieren Niederschlagabflussspitzen (Schutz vor Überflutung bei Starkregenereignissen, Entlastung des Kanalnetzes). Sie führen zur Energieeinsparung durch Kühleffekt im Sommer und Dämmwirkung im Winter, zur Verbesserung des Mikroklimas und subjektiven Wohlbefindens, sie binden Staub und Luftschadstoffe sowie CO2. Darüber hinaus verlängern sie die Lebensdauer der Dachabdichtung (etwa durch Schutz vor UV-Strahlung, Temperaturdifferenzen, Hagelschlag) und erhöhen durch geringere Oberflächentemperaturen und Verdunstungsleistung die Erträge von Solaranlagen. Und ganz nebenbei schaffen Bauwerksbegrünungen attraktiven Lebensraum für Flora und Fauna (Artenvielfalt und Biodiversität).
Das Positionspapier weist aber auch ganz deutlich auf den positiven Beitrag von Bauwerksbegrünungen auf die Wirtschaft hin. Es beleuchtet die positive Marktentwicklung im Bereich der Dachbegrünung der letzten Jahre und wirft einen Blick auf die Zukunft, für die – auch ohne weitere Anreizschaffung – ein gleichbleibend moderates Wachstum des Dachbegrünungsmarktes von etwa 8 % zu erwarten ist. Damit verbunden wäre die Schaffung von circa 500 neuen Arbeitsplätzen entlang der direkten Wertschöpfungskette.
Dennoch ist das Potenzial um ein Vielfaches größer. Von den im Neubau ausgeführten Flachdächern (11 Mio. m2) werden in Österreich derzeit nur 10 % als Gründächer ausgeführt. Startet man auch eine Sanierungsoffensive, die Bauwerksbegrünung inkludiert, ergibt dies allein in Wien ein Flächenpotenzial von zusätzlich 18 Mio. m2 Dachfläche.
Die Autorinnen und Autoren kommen zu folgendem Schluss: Zur Erreichung einer signifikanten Steigerung des Bauwerksbegrünungsanteils in Österreich ist ein umfassendes Maßnahmenpaket notwendig, das sowohl Strategien, legislative Vorgaben und Förderungen als auch Kommunikationsmaßnahmen in Richtung der Bevölkerung umfasst. Dazu zählen die diesbezügliche langfristige Verankerung in den Bauordnungen der Länder, Vorgaben auf Ebene der Bebauungspläne sowie Förderanreize im Bereich Neubau und Sanierung.
Wichtig erscheint ihnen dabei, dass sich die Vorgaben und Subventionen für Investitionen in Bauwerksbegrünung und erneuerbare Energien nicht ausschließen, sondern ergänzen. Es darf zu keinem Flächenkampf kommen, sondern zu einer sinnvollen und gleichzeitigen Umsetzung von Klimawandelanpassung und Klimaschutz.
Die GRÜNSTATTGRAU Forschungs- und Innovations-GmbH wird ermöglicht durch das Forschungs- und Technologieprogramm Stadt der Zukunft des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie. Es wird im Auftrag des BMVIT von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft gemeinsam mit der Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft mbH und der Österreichischen Gesellschaft für Umwelt und Technik (ÖGUT) abgewickelt. (EM, September 2020)