Nur Teilerfolge bei der COP27

Nach zwei intensiven Verhandlungswochen ging die 27. UN-Klimakonferenz im ägyptischen Sharm el-Sheikh nach fast 40 Stunden Verlängerung am 20. November 2022 zu Ende. Die rund 200 Vertragsparteien haben sich auf einen Loss & Damage Fonds geeinigt, der den besonders betroffenen Ländern des globalen Südens zugutekommen soll. Weiters soll der massive Ausbau erneuerbarer Energie beschleunigt werden.

Foto Kind mit Weltkugel als Eis

Finanzierung von Loss & Damage (Verluste & Schäden)

Als ein Erfolg der COP27 gilt die Einrichtung des Loss & Damage Fonds, der jenen Ländern zugutekommen soll, die am meisten von den Folgen des Klimawandels betroffen sind und am dringendsten Unterstützung benötigen. Dazu zählen die Länder des globalen Südens, die unter starken Überschwemmungen, Dürreperioden oder Ernteausfällen leiden. Seit ca. drei Jahrzehnten forderte die Allianz kleiner Inselstaaten und weiterer betroffener Länder einen Schadensausgleich. Die Debatte um Loss & Damage bildete einen großen Streitpunkt während der Konferenz, die konkrete Umsetzung des Fonds ist offen. In den nächsten 12 Monaten soll u.a. geklärt werden, wie der Fonds ausgestaltet wird, welche anderen Finanzierungsmöglichkeiten es gibt und welche Länder als besonders verletzlich gelten und Unterstützung erhalten sollen. Die Beiträge sind jedenfalls freiwillig; zu klären ist weiters, ob und wie reiche Schwellenländer wie China oder Erdöl exportierende Länder einen Beitrag leisten.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen lobte den vereinbarten Fonds zur Entschädigung von Loss and Damage, da dieser in seinen Augen „historisch und ein wichtiger Schritt in Richtung Klimagerechtigkeit“ sei. Die Klimaministerin Leonore Gewessler äußerte sich diesbezüglich folgendermaßen: „Hier konnten wir uns auf die dringend notwendige Unterstützung für besonders von der Klimakrise betroffene vulnerable Staaten einigen. Dieser Beschluss ist ein wichtiges, dringendes und nötiges Signal der globalen Solidarität.“ Dennoch betont sie, dass der Fonds kein Allheilmittel sei: „Wir werden uns aus dieser Krise schlicht nicht herauszahlen können. Wenn wir beim Klimaschutz nicht weiterkommen, werden die Schäden katastrophal sein. Das kann kein Fonds, kein Geld der Welt mehr abmildern.“

Klimaschutz

In Bezug auf das 1,5 Grad Ziel hat die COP27 ein unzureichendes Ergebnis gebracht. Es ist nicht gelungen, deutliche Fortschritte hinsichtlich der Reduktion der Treibhausgasemissionen zu erzielen. Um die Schäden und Verluste überhaupt bewältigen zu können, zählt jedes Zehntelgrad vermiedener globaler Erderhitzung. Als Minimalkompromiss bestätigten die 196 Vertragsparteien wenigstens den Glasgow Climate Pact der COP26. Zugleich wird anerkannt, dass das 1,5 Grad Ziel eine tiefgreifende und schnelle Reduktion der globalen Treibhausgasemissionen erfordert, indem die weltweiten Netto-Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2030 um 43% im Vergleich zum Jahr 2019 verringert werden müssen. Keine Einigung konnte zum Ausstieg aus allen fossilen Energieträgern erzielt werden, bestätigt wurde nur das Zurückfahren der Kohle.

Positiv zu vermerken ist, dass die beispiellose globale Energiekrise die Dringlichkeit für eine rasche Transformation der Energiesysteme unterstreicht, um sie sicherer, zuverlässiger und widerstandsfähiger zu machen. Im Abschlussdokument wurde deutlich wie noch nie die Notwendigkeit eines beschleunigten und massiven Ausbaus Erneuerbarer Energie anerkannt.

Auf der COP26 in Glasgow wurde die Einrichtung eines Arbeitsprogramms zur Emissionsminderung (Mitigation Work Programme, MWP) beschlossen, um die Ambitionen im Klimaschutz und die Umsetzung zu steigern. In Sharm el-Sheik wurde eine Einigung zum Prozess des Arbeitsprogramms erzielt, das bis 2026 mit der Option auf Verlängerung laufen wird. In mindestens zwei Dialogforen pro Jahr werden Themenbereiche wie Energieversorgung, Industrie, Verkehr, Gebäude, städtische Systeme sowie Land- und Forstwirtschaft diskutiert. Ein jährlicher Bericht wird die wichtigsten Erkenntnisse, Chancen und Hindernisse aufzeigen. Die Empfehlungen sollen in die jährlichen COP-Entscheidungen einfließen.

Globales Anpassungsziel

Um eine stärkere Verankerung von Anpassung zu erreichen, wurde im Rahmen der COP26 das zweijährige „Glasgow-Sharm el-Sheikh Work Programme on the Global Goal on Adaptation” (2022-2023) ins Leben gerufen. Es wird darin betont, dass sich die Bemühungen zur Erreichung des globalen Anpassungsziels auf die Verringerung der zunehmenden negativen Auswirkungen, Risiken und Anfälligkeiten in Folge des Klimawandels konzentrieren muss. Anpassung ist als Schlüsselkomponente Bestandteil der langfristigen globalen Reaktion auf den Klimawandel und wesentlich für den Schutz von Menschen, Lebensgrundlagen und Ökosystemen.

Zur Halbzeit wurde nun ein erster Bericht im Zuge der COP27 vorgelegt, der u.a. Vorschläge für einen strukturierten Ansatz, zu behandelnde Themen sowie eine Zusammenstellung und Synthese von Indikatoren, Ansätzen, Zielen und Messgrößen zur Überprüfung der Fortschritte zur Umsetzung des globalen Anpassungsziels beinhaltet. Bis zur COP28 wird darauf aufbauend ein Rahmenwerk als Richtschnur für die Verwirklichung des globalen Anpassungsziels und die Bewertung des Gesamtfortschritts erstellt.

Was wurde erreicht?

Festzuhalten ist, dass die Einigung auf einen Fonds für Loss & Damage als Erfolg verzeichnet werden kann. Die am meisten von den Klimawandelauswirkungen betroffenen Staaten erhalten somit den Fonds, für den sie seit langem eingetreten sind. Die Details sind bis zur COP28 zu verhandeln. Der Vorschlag, aus allen fossilen Brennstoffen, nicht nur aus Kohlekraft, sondern auch aus Öl und Gas, auszusteigen, ging ins Leere. Klimaschutzministerin Gewessler resümiert folgendermaßen: „Das Ergebnis der Weltklimakonferenz ist enttäuschend. Wir sind bei der Reduzierung von Emissionen im Vergleich zu Glasgow im vergangenen Jahr keinen wesentlichen Schritt vorangekommen. Dabei bräuchte es gerade in diesem Bereich wesentlich mehr Entschlossenheit und Tempo. Denn Klimaschutz ist zu einer Überlebensfrage geworden. Wir werden weiter national, auf europäischer Ebene, und bei der COP28 für mehr Klimaschutz weiterarbeiten.“