Jahresrückblick 2022 – Ein Jahr der Extreme

Hitzewellen, Dürre, Waldbrände, fehlender Niederschlag, Überflutungen, Anstieg des Meeresspiegels und sogar ein Temperaturhöchstwert in den Ozeanen – im Jahr 2022 haben die Auswirkungen der Klimakrise in Österreich, Europa und weltweit zahlreiche Katastrophen verursacht. Gleichzeitig werden Extremwetterereignisse, massive Dürreperioden sowie Waldbrände immer alarmierender und besorgniserregender.

Ausgetrockneter Boden des Zicksees mit starken Trockenrissen (Seewinkel).
Ausgetrockneter Bereich des Zicksees im Sommer 2022 (St. Andrä/Burgenland) .

Globaler Rückblick

Laut dem aktuellen jährlichen Klimabericht der US-Klimabehörde NOAA war das Jahr 2022 global gesehen das sechstwärmste Jahr, das je gemessen wurde. Seit 46 Jahren liegen die globalen Temperaturen nun jährlich über dem Durchschnitt des 20. Jahrhunderts, wobei die zehn wärmsten Jahre seit dem Jahr 2010 gemessen wurden. Die globale Durchschnittstemperatur war im Vergleich zur vorindustriellen Zeit um 1,14 °C höher. Aller Wahrscheinlichkeit nach wäre das Jahr 2022 ohne das kühlende Wetterphänomen La Niña um einiges wärmer gewesen. Das bisher wärmste Jahr 2016 mit plus 1,3°C war hingegen vom wärmenden Wetterphänomen El Niño geprägt.

Die Häufigkeit der Extremwetterereignisse und der klimabedingten Katastrophen des vergangenen Jahres ist auf den menschengemachten Klimawandel und die nach wie vor fatale Treibhausgasbilanz zurückzuführen. Laut Münchner Rückversicherung verursachten Naturkatastrophen im Jahr 2022 weltweit Schäden in der Höhe von rund 270 Mrd. US$. Mehr als ein Drittel der Gesamtschäden wurde Ende September von Hurrikan „Ian“ an der Westküste des US-Bundesstaats Florida verursacht. Auch die heftigen Überschwemmungen in Pakistan während der Sommermonate sowie in Queensland und in New South Wales (Australien) zwischen März und November, verursachten hohe Kosten und beträchtliches menschliches Leid. Die signifikantesten Klimaereignisse werden jährlich von der NOAA in einer Weltkarte veröffentlicht.

Abbildung einer Weltkarte mit den signifikantesten Klimaereignissen.

Extremes Jahr auch in Europa

Laut NOAA und dem aktuellen Bericht des EU-Klimawandelinformationsdiensts Copernicus war 2022 das zweitwärmste Jahr in Europa, das seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1979 gemessen wurde. Nur 2020 war noch etwas wärmer. Der Blick auf Europa zeigt, dass die Klimakrise sich vor allem in Form von Trockenheit, Hitze, Waldbränden und Überschwemmungen auswirkt. Extreme Hitze und die schlimmste Dürre seit 500 Jahren haben den europäischen Sommer bestimmt: In Spanien starben beispielsweise mehr als 500 Menschen aufgrund der stärksten je gemessenen Hitzewelle mit Temperaturen über 45°C. In Großbritannien wurden im Juli 2022 erstmals über 40°C gemessen. Zudem standen in Griechenland, aber auch in Spanien, Portugal, Frankreich und Italien Wälder in Flammen. Insgesamt sind in der EU mehr als 786.000 ha Wald verbrannt, das ist zweieinhalbmal so viel wie im Schnitt der letzten 15 Jahre. Allein in Spanien sind mehr als 300.000 ha verbrannt. Zum Größenvergleich: dies entspricht in etwa der Summe der Flächen von Wien und Vorarlberg.

Hitze und Trockenheit zeigten sich auch anhand sinkender Pegelstände der Fließgewässer. Der italienische Fluss Po erreichte einen extremem Niedrigwasserstand. Der Landwirtschaftssektor in der sonst so fruchtbaren norditalienischen Po-Ebene war davon stark betroffen. In Frankreich verendeten 11 Tonnen Fische in einem Teich nordwestlich von Lyon auf Grund ausbleibender Frischwasserzufuhr, steigender Wassertemperatur und dem daraus resultierenden Sauerstoffmangel.

Zudem gab es sowohl in Frankreich als auch im angrenzenden Spanien massive Hagelstürme, die zu Milliardenschäden führten. Durch starken Hagel wurden in Spanien etliche Menschen verletzt, ein Kind verstarb. Auch in Frankreich verursachte Hagel nach Angaben der Münchner Rückversicherung massive Schäden in der Höhe von insgesamt 7,2 Mrd. US$ (6,8 Mrd. €) und dies trotz der regionalen Begrenzung von Hagelunwettern. Weiters erhöhten Anfang des Jahres Winterstürme, die Schadensbilanz in Europa deutlich. Im Februar verursachten sie – einige davon mit Windgeschwindigkeiten in Orkanstärke (über 118 km/h) – in nord- und nordwesteuropäischen Ländern Schäden von 5,6 Mrd. US$ (5 Mrd. €). Obwohl Winterstürme in Europa nicht mit der Gewalt von starken Hurrikanen zu vergleichen sind, summieren sich die Schäden quer über den Kontinent zu Milliardensummen.

Das Jahr 2022 in Österreich

Die Klimabilanz der GeoSphere Austria (vormals ZAMG Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik) lautet: Im Tiefland belegt das vergangene Jahr Rang 3 unter den wärmsten Jahren in 172 Jahren Messgeschichte. Im Bergland war es sogar das wärmste Jahr. Mit einer Abweichung von plus 1,1 °C zum langjährigen Mittel von 1991-2020 reiht sich das Jahr 2022 auf dem zweiten Platz ein – knapp hinter dem wärmsten Jahr 2018 und vor dem drittwärmsten Jahr 2014.

Das Diagramm zeigt, dass 2022 das zweitwärmste Jahr in Europa war, das seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1979 gemessen wurde.

Nicht nur das Ranking einzelner Extremjahre sondern die neuerliche Bestätigung des langfristigen Trends zur globalen Erderwärmung ist von Bedeutung und zeigt wiederholt den enormen Handlungsbedarf auf. Im Vergleich zum langjährigen Mittel von 1991 bis 2020 verliefen in Österreich acht der letzten neun Jahre – mit Ausnahme des Jahres 2021 – überdurchschnittlich warm. Insbesondere der Februar und der Oktober stechen durch eine mittlere Abweichung von mehr als plus 3 °C im Vergleich zu den Durchschnittswerten der Klimanormalperiode von 1991 bis 2020 hervor.

Österreichweit lag der Niederschlag 15 % unter dem langjährigen Mittel. Somit war es eines der 15 trockensten Jahre der Messgeschichte. An einigen Messstationen war es das trockenste Jahr überhaupt, wie z.B. in Eisenstadt. Normale bis leicht überdurchschnittliche Jahresniederschlagsmengen gab es nur in Teilen des Mühlviertels, Waldviertels, der nördlichen Obersteiermark und im Westen Vorarlbergs.

Österreichkarte zeigt auf, dass 2022 eines der 15 trockensten Jahre der Messgeschichte war.
Abweichung des Jahresniederschlags 2022 im Vergleich zum durchschnittlichen Jahresniederschlag 1991-2020

Auch in Österreich traten 2022 einige Extremwetterereignisse auf. Die österreichische Unwetterzentrale (UWZ) zählt den starken Hagel in den Nordalpen und in Unterkärnten Anfang Juni sowie extreme Regenmengen in Mittelkärnten am 28. Juni zu den markantesten Ereignissen. Orkanböen in der Obersteiermark und in Unterkärnten hinterließen am 18. August nicht nur schwere Schäden, zu beklagen waren auch mehrere Todesopfer. Neumarkt mit 139 km/h, Mooslandl mit 124 km/h oder Leoben mit 117 km/h erreichten an diesem Tag neue Sturmhöchstwerte.

Zudem war der Osten und der Süden Österreichs im Jahr 2022 stark von Dürreschäden betroffen. Laut der österreichischen Hagelversicherung führen extreme Wettersituationen auch zu einem sinkenden Grundwasserspiegel in Österreich. Dieser ist von Niederschlagsdefiziten und durch Flächenversiegelung, die zu einer Reduktion der Grundwasserneubildung führt, gefährdet. Durch die Trockenheit der letzten Jahre erreichte der Wasserstand des Neusiedler Sees im Jahr 2022 einen seit der Regulierung 1965 nie dagewesenen Tiefststand. Der benachbarte Zicksee ist sogar fast vollständig ausgetrocknet. Um dem entgegenzuwirken, wäre sowohl eine Reduktion der Bodeninanspruchnahme notwendig, als auch ein Rückbau von Feuchtgebieten und Flüssen.

Die Folgen von ausbleibenden Niederschlägen und der sich damit verschlimmernden Trockenheit wirken sich auf verschiedene Sektoren aus. So traten z.B. in der Landwirtschaft Dürreschäden in der Höhe von 130 Millionen Euro auf. Auch die Stromproduktion aus der Wasserkraft verringerte sich um 10 % im Jahresschnitt. Im Monat Juli betrug der Rückgang sogar 31 % gegenüber dem Vorjahr. Nach Angaben der Austrian Power Grid (APG) musste Österreich 2022 dreimal mehr Strom importieren als im Schnitt der vergangenen vier Jahre.

Der Rückblick zeigt die Dringlichkeit für ein höheres Tempo bei Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsmaßnahmen auf. Nur durch ein verstärktes und gemeinsames Vorgehen kann die Klimakrise auf ein zu bewältigendes Ausmaß reduziert werden!