PermaNET: Alpenraumprojekt untersucht Permafrost und seine Veränderungen durch den Klimawandel
Das Auftauen des Permafrostes im Zuge des Klimawandels zieht weitreichende Folgen für den Alpenraum nach sich. Wo und wie ausgeprägt kommt Permafrost im Alpenraum allerdings vor? Und welche Veränderungen und Prozesse können im Zuge des Klimawandels entstehen? Diese und weitere wichtige Fragestellungen standen im Zentrum des seit kurzem abgeschlossenen Alpenraumprojekts PermaNET.
Unter Permafrost wird allgemein Untergrundmaterial (wie z.B. Schutt oder Fels) bezeichnet, das für einen Zeitraum von über zwei Jahren negative Temperaturen aufweist. Permafrost ist im Hochgebirge wie im Alpenraum ein sehr weit verbreitetes Phänomen und kann im Zuge des Klimawandels enorm an Bedeutung gewinnen. Ein Großteil des Permafrosts in den europäischen Alpen liegt an oder nahe der Nullgradgrenze und reagiert ähnlich wie Gletschereis sehr sensibel auf klimatische Veränderungen. Zunehmendes Ausschmelzen kann vermehrt zu Bodensetzungen, Hangrutschungen, Sturzprozessen oder Muren führen, was wiederum eine lokale Gefahr für bestehende Infrastrukturen wie Straßen, Seilbahnen, Schutzhütten, touristische Infrastruktur etc. bedeuten kann.
Unter der Federführung des Amtes für Geologie und Baustoffprüfung der Autonomen Provinz Bozen-Südtirol haben sich in den letzten drei Jahren insgesamt 13 ProjektpartnerInnen und 23 ProjektbeobachterInnen aus dem gesamten Alpenraum mit der Thematik auseinandergesetzt. Ziel war es, einen wichtigen Beitrag zum Schutz vor Naturgefahren, die im direkten und indirekten Zusammenhang mit Permafrost stehen, zu leisten.
Ein alpenweites Netzwerk für Permafrostmonitoring
Bislang gab es für den Alpenraum keine einheitlichen Datensammlungen und Monitoringsysteme bezüglich Permafrost. Im Rahmen von PermaNET wurde ein internationales Beobachtungsnetzwerk eingerichtet und erstmals ein konsistenter Datensatz über die Permafrostverbreitung im Alpenraum erarbeitet sowie bereits laufende Monitoringaktivitäten systematisch zusammengeführt. Dabei wurden u.a. zahlreiche neue Messstellen eingerichtet, an denen in regelmäßigen Abständen verschiedene Parameter und Eigenschaften des Permafrosts im Boden und Fels gemessen und aktualisiert werden. Auf diese Weise ist es möglich, Signale eines sich verändernden Klimas aufzuzeichnen. Durch die einheitliche Datenerfassung wird zudem ein korrekter Datenvergleich und somit eine einheitliche Prognose der Permafrostentwicklung ermöglicht.
Eine alpenweite Permafrostkarte
Permafrostmodelle und –karten liegen bereits für unterschiedliche Regionen und Gebiete im Alpenraum vor. Im Rahmen von PermaNET wurde erstmals die potenzielle Permafrostverbreitung für den gesamten alpinen Raum modelliert. Das verwendete Modell basiert auf einem Inventar von Permafrost-Nachweisen, die beispielsweise mittels der Erhebung von Bohrlochtemperaturen, Untergrundtemperaturen, Aufschlüsse, geophysikalische Untersuchungen oder Blockgletscher erfolgten. Die Permafrostkarte zeigt den farblich abgestuften Permafrost-Index und wird zur Orientierung über eine Grundkarte gelegt. Gletscher, die laut Definition nicht zum Permafrost zählen, werden durch eine eigene Signatur dargestellt. Die Legende umfasst auch immer einen Interpretationsschlüssel und erlaubt somit eine bessere Interpretation der Karte in Hinblick auf die lokalen Gegebenheiten des Untergrundes.
Die Permafrostkarte kann unter www.permanet-alpinespace.eu/products/pfmap in Form eines GIS-Layers bzw. in Google Earth mit einer räumlichen Auflösung von ca. 30m abgerufen werden. Die Karte soll insbesondere der praktischen Anwendung bei planerischen Tätigkeiten oder bei der Instandhaltung der Infrastruktur im Hochgebirge dienen.
Empfehlungen für Entscheidungsträger
Die Erfassung und Auswertung des vorhandenen Wissens über Permafrost im Alpenraum erlaubte die Ausarbeitung zahlreicher wertvoller Produkte, die im Naturgefahrenmanagement und in der Raumplanung genutzt werden können. Folgende Empfehlungen aus PermaNET können zusammengefasst werden:
- Um diese Wissensbasis über Permafrost und damit zusammenhängende Naturgefahren im Zuge des Klimawandels zu vertiefen ist, es notwendig, die interdisziplinäre und transnationale Zusammenarbeit fortzusetzen.
- Die Problematik um Permafrost und damit zusammenhängende Naturgefahren sollte auf eine koordinierte Weise im Naturgefahren- und Risikomanagement im Alpenraum berücksichtigt werden. Dabei sind allerdings lokale Untersuchungen im Detail notwendig. Grundsätzliche Folgerungen umfassen u.a. die Vermeidung von Infrastrukturen auf aktiven Blockgletschern, die Einhaltung eines Sicherheitsabstands unterhalb eines aktiven Blockgletschers an einer Geländekante sowie eine regelmäßige Überprüfung von Wanderwegen, die über bzw. unterhalb von Blockgletschern verlaufen.
- Um die Effizienz und Nachhaltigkeit von Investitionen zu verbessern, erfordern jegliche Planungsvorhaben im hochalpinen Gebirge Informationen zur Permafrostverbreitung und dessen möglichen negativen Auswirkungen. Die im Rahmen von PermaNET erstellte Permafrostkarte kann hier als wesentliche Grundlage dienen.
- Die aus PermaNET herausgearbeiteten Handbücher für die Erkennung und Überwachung von Permafrost stellen wichtige Hilfsmittel bei der Naturgefahrenbeurteilung und das Risikkomanagement dar.
Auf der Website des PermaNET Projekts sind die wichtigsten Ergebnisse dieser interdisziplinären und grenzüberschreitenden Zusammenarbeit veröffentlicht. Hier stehen unter anderem Datengrundlagen und Richtlinien, das Inventar der Permafost-Nachweise sowie die Permafrostverbreitungskarte zum Download verfügbar. (Dezember, 2011)
Weiterführende Informationen:
Kontakt: Volkmar Mair, Amt für Geologie und Baustoffprüfung, Autonome Provinz Bozen-Südtirol
Email:volkmar.mair@provinz.bz.it
PermaNET wurde im Rahmen der Europäischen territorialen Zusammenarbeit (ETZ) durch das Alpenraumprogramm der EU kofinanziert.