Hitzeschutzpläne werden immer wichtiger
Die Temperaturen lagen im April und Mai weit über dem langjährigen Durchschnitt. Bereits am 20. April 2018 wurde die 30-Grad-Marke erreicht – das ist der zweitfrüheste Termin seit Messbeginn. Damit klettert die Vorbereitung auf die Hitze in der Prioritätenliste weiter nach oben, um die menschliche Gesundheit zu schützen. Empfehlungen des deutschen Umweltministeriums unterstützen dabei, Hitzeaktionspläne zu erstellen.
Der Sommer des Jahres 2003 hat die Wahrnehmung von Hitze im gesellschaftlichen Bewusstsein fundamental verändert. Die Hitzebelastung erreichte damals ein in Europa bis dahin unbekanntes Ausmaß und forderte ihren Tribut. Die Zuordnung von Todesopfern zu Hitze als Todesursache ist aufgrund fehlender robuster und einheitlicher Methoden schwierig, Schätzungen gehen aber europaweit von 27.000 bis über 70.000 Toten aus.
Aufgrund der klimawandelbedingten Zunahme der thermischen Belastungssituationen, des ansteigenden Altersdurchschnitts in der Bevölkerung sowie der fortschreitenden Urbanisierung werden die Gesellschaft und auch die Gesundheitssysteme vor neue Herausforderungen gestellt. In der österreichischen Anpassungsstrategie ist daher die Empfehlung enthalten, sich frühzeitig mit den zu erwartenden Veränderungen und Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit auseinanderzusetzen und entsprechende Strategien zu entwickeln.
Seit 2017 liegt ein gesamtstaatlicher Hitzeschutzplan für Österreich vor. Im Vordergrund steht die umfassende Information der Bevölkerung zu richtigem Verhalten und zu möglichen Maßnahmen zum Schutz vor Hitzewellen und extremen Hitzetagen. Bei bevorstehender Hitzebelastung sendet die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) Hitzewarnungen an vordefinierte Stellen der jeweils betroffenen Bundesländer, das Gesundheitsministerium und die jeweilige Landesgeschäftsstelle der Apothekerkammer.
Bereits 2011 und damit noch lange vor Veröffentlichung des gesamtstaatlichen Hitzeschutzplanes, hat das Bundesland Steiermark einen Hitzeschutzplan veröffentlicht, der seither laufend weiterentwickelt wurde. Auf über 90 Seiten finden sich Informationen, die von klimatischen Grundlagen bis hin zu konkreten Handlungsempfehlungen reichen. Im Zusammenspiel mit den Hitzewarnungen der ZAMG ergibt der steirische Hitzeschutzplan ein wichtiges Werkzeug, um die Auswirkungen von Hitze möglichst zu minimieren und Todesopfer zu vermeiden. Auch weitere Bundesländer wie Kärnten, Niederösterreich und Wien haben einen Hitzeschutzplan bzw. einen Hitzewarndienst etabliert.
Hitzeschutzpläne entwickeln – leichter gesagt als getan
Die Erstellung von Hitzeschutzplänen stellt eine Herausforderung dar, da beispielsweise zahlreiche Organisationen und Institutionen involviert werden müssen und dieser Beteiligungsprozess arbeits- und zeitintensiv ist. Hitzeschutzpläne sind aber Voraussetzung für ein koordiniertes und strukturiertes Vorgehen im Anlassfall. Unterstützung dafür bieten Handlungsempfehlungen, die im vergangenen Jahr in Deutschland vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit veröffentlicht wurden. Um die Bekanntheit der Empfehlungen weiter zu erhöhen, wurden die Handlungsempfehlungen in der April-Ausgabe der Zeitschrift UMID (Umwelt + Mensch Informationsdienst) ausführlich beschrieben. Die Empfehlungen basieren auf der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) veröffentlichten Leitlinie für die Erarbeitung eines Hitzeaktionsplans und auf den Ergebnissen einer Studie, die von 2009-2010 von der Fachhochschule Fulda durchgeführt wurde (GREWE 2012).
Die Handlungsempfehlungen bestehen aus acht Kernelementen, die sowohl kurzfristige, ohne große Investitionen umsetzbare Sofortmaßnahmen als auch langfristige Maßnahmen beinhalten. Die acht Kernelemente sind:
- zentrale Koordinierung und interdisziplinäre Zusammenarbeit
- Nutzung eines Hitzewarnsystems
- Information und Kommunikation
- Reduzierung von Hitze in Innenräumen
- besondere Beachtung von Risikogruppen
- Vorbereitung der Gesundheits- und Sozialsysteme
- langfristige Stadtplanung und Bauwesen
- Monitoring und Evaluation der Maßnahmen
In Österreich ist die Implementierung einiger der genannten Handlungsempfehlungen bereits fortgeschritten (z. B. Einrichtung von Hitzewarnsystemen), während andere für die Zukunft eine große Herausforderung darstellen. Dies betrifft u. a. langfristige Maßnahmen, wie sie beispielsweise in der Stadtplanung oder im Bauwesen nötig und zum Teil mit erheblichen Kosten verbunden sind. Die Handlungsempfehlungen sollen Bewusstsein schaffen und die verantwortlichen Institutionen ermutigen, Hitzeschutzpläne zu erstellen. Nur so kann die Bevölkerung entsprechend geschützt werden und die Freude an den sommerlichen Temperaturen überwiegen. (CL, Juni 2018)