Aktuelle Ergebnisse aus StartClim2017
Die Projekte aus dem Forschungsprogramm StartClim zielen darauf ab, die Umsetzung der österreichischen Anpassungsstrategie zu unterstützen. Im Jahr 2017 standen das Pariser Klimaabkommen und die Österreichische Bau- und Immobilienwirtschaft, extreme Wetterereignisse, Stechmücken und Citizen Science im Vordergrund.
Die Anpassung an den Klimawandel ist eine komplexe Aufgabe und durch unterschiedliche Herausforderungen geprägt. Alle Personen, die in der Anpassungsplanung und -umsetzung gefordert sind, benötigen ein gemeinsames Verständnis, sollen den gleichen Wissensstand und die Bereitschaft haben, sich proaktiv mit offenen Fragen auseinanderzusetzen. Die Projekte in StartClim zielen seit Jahren darauf ab, die Umsetzung von Handlungsempfehlungen aus der österreichischen Anpassungsstrategie wissenschaftlich zu unterstützen sowie notwendige Grundlagen für die Planung und Umsetzung zu liefern. In StartClim2017 wurden vier Projekte bearbeitet.
StartClim2017.A: ClimBau – Das Übereinkommen von Paris und die Auswirkungen auf die heimische Bau- und Immobilienwirtschaft
Die Bau- und Immobilienwirtschaft nimmt einen wichtigen Stellenwert in der österreichischen Wirtschaft hinsichtlich des Beitrags zum BIP, zur Beschäftigung sowie für direkte und indirekte Umwelteffekte ein. Neben der volkswirtschaftlichen Bedeutung der Bau- und Immobilienwirtschaft haben die von ihr produzierten und betriebenen „Güter“ (Gebäude, Infrastrukturen) große Auswirkungen auf das Klima und die gesamte Umwelt.
ClimBau beschäftigte sich mit den Rahmenbedingungen für ein klimafreundliches Bauen in Österreich. Dabei wurden sieben zukunftweisende Ansätze und die zur Umsetzung erforderlichen Maßnahmen zur Erreichung der Klimaziele von Paris beleuchtet. Ein überraschendes Ergebnis dabei ist, dass entgegen der weitläufigen Auffassung klimafreundliches Bauen nicht der relevante Kostentreiber im Bausektor ist. Die Kosten für Stellplätze und für eventuell zu strenge technische Auflagen (z. B. Brandschutz) übersteigen die Kosten für Klimaschutzinvestitionen um ein Vielfaches.
Es fehlen derzeit die wirtschaftlichen und politischen Anreize. Die Einführung einer CO2-Steuer, die vorzeitigen Abschreibungen für Klimaschutzinvestitionen oder auch die steuerliche Begünstigung von „ökologisch-sozialen“ Immobilienfonds können ein wichtiges Signal setzen. Als unterstützend wird auch die verstärkte Förderung von thermischen Sanierungen, der Abbau von Barrieren für den Energieaustausch für Privatpersonen und das Beenden der Subventionspolitik für fossile Energieträger empfunden.
StartClim2017.B: Skalenübergreifende Evaluierung Extremwetter-bedingter Schadensfälle (SEVERE)
Berichte von Schadensfällen infolge extremer Wetterbedingungen sind gerade in der Sommersaison beinahe täglich in den Medien zu finden. Ein Grund dafür sind die teils heftigen Gewitter, die typisch für diese Jahreszeit sind und nicht selten innerhalb kurzer Zeit in kleinen Gebieten für Verwüstungen sorgen können. Durch ihre Häufigkeit verursachen sie in Summe große Schadensbeträge und viel menschliches Leid.
SEVERE untersuchte die Bedeutung von kleinräumigen Starkniederschlägen als Auslöser von Naturgefahren wie Muren, Hangrutschungen oder Sturzfluten. Hierbei konnte gezeigt werden, dass mit dem bestehenden meteorologischen Messnetz, selbst unter Einbeziehung der aktuell verfügbaren Niederschlagsradar-Daten, keine lückenlose Erfassung dieser Niederschlagsereignisse in Österreich möglich ist. Dies bedeutet, dass die Zusammenhänge zwischen dem gefallenen Niederschlag und der Auslösung von Überflutungen und Muren sehr komplex sind, und nicht durch eine einfache Statistik beschrieben werden können. Hier besteht weiterer Forschungsbedarf.
StartClim2017.C: EXTEND (EXTreme EveNts Documentation) Dokumentation von physischen und sozialen Aspekten der Folgen von Extremwetterereignissen
Der Klimawandel beeinflusst die Häufigkeit, Intensität und Saisonalität von extremen Wetterereignissen, wodurch sich neue Herausforderungen für die Bewältigung von Naturgefahren ergeben. Die Dokumentation von Extremwetterereignissen erfolgt in Österreich durch mehrere Institutionen wie beispielsweise durch die Wildbach- und Lawinenverbauung oder die Geologische Bundesanstalt auf unterschiedliche Art und Weise. In den Ereignisdokumentationen werden primär physische und wirtschaftliche Schäden erfasst. Allerdings werden die Folgen von Katastrophen auch durch soziale Aspekte wie z. B. Alter, Geschlecht, Einkommen und soziale Netzwerke der Betroffenen beeinflusst. Diese Faktoren sind mitbestimmend, wie widerstandsfähig eine Gemeinschaft ist und wie schnell und gut diese sich nach einer Katastrophe erholen kann.
EXTEND hat sich zum Ziel gesetzt, Vorschläge zu erarbeiten, wie physische und soziale Aspekte erhoben und dokumentiert werden können. Es wurde ein Erhebungsbogen entwickelt, der sich in drei Ebenen gliedert. Er enthält eine Ebene mit Minimalinformation (Ebene 1). Ebene eins betrifft demnach Aspekte wie Alter, Einkommen, Geschlecht oder besondere Bedürfnisse und sollte Teil aller Ereignisdokumentationen sein. Ebene 2 enthält Zusatzinformation zu Aspekten der sozialen Verwundbarkeit wie Bildung, Beruf, Nachbarschaft, Gesundheit oder Risikowahrnehmung. Die Ebene 3 hat dagegen emotionale und psychosomatische Aspekte im Fokus. Sie soll etwa zeigen, was erforderlich ist, um zur Normalität zurückzukehren, und wie mit Risiken umgegangen wird.
StartClim2017.D: Monitoring neobiotischer Stechmücken der Gattung Aedes in Österreich
Stechmücken sind als Überträger diverser Krankheitserreger (West-Nil-Virus, Dengue-Fieber) von Bedeutung. Bisher sind 46 verschiedene Stechmückenarten in Österreich bekannt, vier von ihnen stammen aus anderen Regionen. Dazu zählen die japanische Buschmücke (Aedes japonicus), Culiseta longiareolata und Anopheles hyrcanus (für die beiden letztgenannten gibt es keinen deutschen Namen). Von der asiatischen Tigermücke (Aedes albopictus), die ein bedeutender Krankheitsüberträger in vielen tropischen Ländern ist, wurden erst vereinzelt Exemplare nachgewiesen. Ihre Einschleppung und Etablierung ist als Folge des intensiven globalen Handels und Verkehrs sowie des Klimawandels nur eine Frage der Zeit. Eine systematische und andauernde Stechmückenüberwachung ist das wirksamste Mittel, um zum Beispiel das Übertragungsrisiko von West-Nil Virus oder Dengue auf den Menschen vorherzusagen. Dazu braucht es eine Intensivierung und Erweiterung (z. B. auf Bezirksebene) von Monitoring-Programmen für die Sammlung und Überwachung von Stechmücken. Ein intensiveres Monitoring kann unter Einbeziehung von Citizen Scientists erfolgen, wobei es eine Betreuung durch wissenschaftliches Personal braucht.
Das Forschungsprogramm StartClim
StartClim wurde im Jahr 2002 auf Initiative von Forscherinnen und Forschern und vom BMNT gegründet, um die Folgen des Klimawandels zu untersuchen und Gegenmaßnahmen zu entwickeln. Es hat zur Stärkung und Vergrößerung der österreichischen Klimafolgenforschungscommunity beigetragen und sich zu einem wichtigen Bestandteil der österreichischen Klimafolgen- und Anpassungsforschung entwickelt. Seit 2012 stehen Themen im Vordergrund, die zur Umsetzung der österreichischen Anpassungsstrategie beitragen. Interdisziplinäre Vernetzung und der Austausch zwischen den Projekten sind wesentliche Elemente des Programms. Im Vordergrund stehen praxisorientierte Fragestellungen, die konkrete Unterstützung für die Umsetzung liefern. Das Forschungsprogramm ist als flexibles Instrument gestaltet, das durch die kurze Laufzeit und die jährliche Vergabe von Projekten rasch aktuelle Themen im Bereich Klimawandel aufgreifen kann.
Das Programm wird wissenschaftlich von Assoc. Prof. Dr. Herbert Formayer vom Institut für Meteorologie der Universität für Bodenkultur Wien geleitet und vom Umweltbundesamt administrativ betreut. Die im Jahr 2017/18 durchgeführten StartClim-Projekte wurden vom Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus, dem Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung und dem Land Oberösterreich finanziert.
Ausschreibung StartClim2019
Die diesjährige Ausschreibung steht unter dem Motto „Neue Impulse für die österreichische Anpassung“. Österreichische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie österreichische wissenschaftliche Einrichtungen sind eingeladen, bis 15. März 2019 Projekte zur Förderung einzureichen. (MB, Februar 2019)
Zum Thema