DATAPHEN: Langjährige Naturbeobachtungen dokumentieren den Klimawandel und verbessern Klimamodelle
Langjährige phänologische Beobachtungsreihen zeigen, dass sich der Vegetationsbeginn deutlich verschiebt. Ziel des Projekts DATAPHEN ist es, diese phänologischen Beobachtungsreihen mit klimatologischen Modellen zu verknüpfen und damit den menschlichen Einfluss auf die phänologischen Ereignisse nachvollziehen zu können.
Pflanzen als empfindliche Messinstrumente
Beobachtungen zum Zeitpunkt des Vegetations- und Blühbeginns finden seit Jahrhunderten vor allem in der Landwirtschaft statt und werden in Österreich seit über 150 Jahren durch die ZAMG (Zentralanstalt für Meteorologie) dokumentiert. Im phänologischen Kalender wird für bestimmte Zeigerpflanzen jeweils der Zeitpunkt der Entwicklungsstadien festgehalten, wie z.B. die Blüte der Hasel oder der Kirsche. Die Blüte der Hasel markiert den Beginn des Vorfrühlings, typischerweise in Wien Ende Februar.
Pflanzen fungieren dabei als empfindliche Messinstrumente: bei einem Temperaturanstieg von 1°C im Frühjahr setzt die Blüte der Hasel oder der Kirsche - und damit auch die Frühlingsphasen - um eine Woche früher ein (ZAMG 2012a).
Über die letzten Jahrzehnte wurde in Österreich ein früheres Einsetzen der Blüte bei Frühlingsblühern um mehr als eine Woche beobachtet (s. Abbildung 1). Auffällig ist auch, dass dieses Jahr der Beginn des Vorfrühlings mit der Blüte der Hasel bereits am 25.01.2012 in Wien notiert wurde (ZAMG 2012b).
Projekt DATAPHEN
Bisher gibt es kaum Studien, die den menschlichen Einfluss auf das Klimasystem mit den phänologischen Beobachtungen verbinden. Hier setzt das Projekt vom Klima- und Energiefonds geförderte Projekt DATAPHEN - Direct ATtribution of the Anthropogenic climate signal to PHENological observations - an.
Ziel des Projekts ist die Verbindung der wertvollen langen phänologischen Beobachtungsreihen mit klimatologischen Modellen. Damit soll der menschliche Einfluss auf das Klima und die beobachtete Verschiebung der phänologischen Ereignisse quantitativ verknüpft werden.
Ergebnisse
Auf Grundlage von Zeitreihen der Tagesmitteltemperatur und phänologischen Beobachtungen an etwa 60 bis 80 Stationen in Mitteleuropa wurde ein phänologisches Temperatursummenmodell abgeleitet, das mit Temperaturdaten von Klimamodellen angetrieben werden kann. Durch den Vergleich der Beobachtungen mit den Modellergebnissen kann der menschliche Einfluss auf die phänologischen Ereignisse abgeschätzt werden. Die Ergebnisse lassen auf einen durchaus unterscheidbaren menschlichen Einfluss auf das Klima und die Pflanzenphänologie schließen.
So zeigen die Anomaliezeitreihen in Abbildung 2 ab etwa 1970 einen klar erkennbaren Unterschied zwischen den Modellläufen, der auf den menschlichen Einfluss zurückzuführen ist. Der Anstieg der roten Kurve („alle Antriebe“) stimmt recht gut mit den Beobachtungen (schwarze Kurve) überein, während die blaue Kurve („nur natürliche Antriebe“) nicht in der Lage ist, den nach oben gerichteten beobachteten Trend wiederzugeben.
Die phänologischen Eintrittszeiten spiegeln diesen Sachverhalt in Abbildung 3 wieder. Die beobachteten Trends der Phase „Rosskastanie - Beginn der Blüte“ (rote vertikale Balken) stimmen besser mit den Modellläufen überein, die den menschlichen Einfluss auf das Klima berücksichtigen, als die Modellläufe ohne menschlichen Einfluss („nur natürliche Antriebe“).
Die Ergebnisse stellen auch eine wichtige Basis für weitere Untersuchungen zur Frage des Nachweises und der Zuordnung des vom Menschen verursachten Klimawandels im Bereich der Phänologie für Mitteleuropa und Österreich dar.
Relevanz der Ergebnisse für die Klimawandelanpassung
Aus den Ergebnissen des Projektes DATAPHEN lassen sich verschiedene Schlussfolgerungen für die Klimawandelanpassung ableiten.
- Die phänologischen Beobachtungen und Ergebnisse von DATAPHEN zeigen eine deutliche Verlängerung der Vegetationsperiode. Diese Ergebnisse machen klar, dass ein vom Menschen geschaffener Klimawandel stattfindet.
- Weiterhin eignen sich die Beobachtungen der Phänologie als vielseitig einsetzbares Kommunikationsinstrument. Eine allmähliche Änderung des Klimas ist im eigenen Aktionsradius und im Vergleich mit den langjährigen Datenreihen auch für die breite Öffentlichkeit sichtbar bzw. erlebbar und kann leicht nachvollzogen werden.
- Auf der Website der ZAMG steht ein Online-Portal zur Phänologie zu Verfügung, das sich auch an die interessierte Öffentlichkeit wendet: http://zacost.zamg.ac.at/phaeno_portal/home.html. Dort können interaktive Karten, sowie Diagramme und Prognosen abgerufen werden. Zudem können interessierte Personen eigene Beobachtungen melden und über Fotos dokumentieren. Dieses Portal kann als Werkzeug für die Umweltkommunikation eingesetzt werden. Zielgruppen sind u.a. Schulklassen, Studierende der Umweltwissenschaften und die interessierte Öffentlichkeit.
Quellen:
ZAMG (2012a): “Pflanzen, Tiere und Klimawandel“ (Zugriff 2012-04-24)
ZAMG (2012b): “Haselstrauch - erste Blüte” (Zugriff 2012-04-24)
Weitere Informationen
Projektleitung: Dr. Helfried Scheifinger
Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik, Fachabteilung Klima
Email: helfried.scheifinger@zamg.ac.at
Projektlaufzeit: 01/2010 – 01/2012