SOS - Auswirkungen indirekter Klimawandeleffekte und globaler Megatrends auf Österreich

Bislang konzentrierte sich die nationale Klimawandelanpassungsforschung in erster Linie auf direkte Effekte des Klimawandels. Vor diesem Hintergrund ging das Projekt „Scenarios of Spill-Over Effects from Global (Climate) Change Phenomena to Austria“ der Frage nach, inwieweit sich (Klimawandel-)Ereignisse in anderen Regionen der Welt auf die österreichischen Import- und Exportverflechtungen auswirken und welche möglichen indirekten „Spill-Over“ Effekte damit einhergehen können.

In Zukunft werden neben den direkten Auswirkungen des Klimawandels zunehmend indirekte Effekte durch den Klimawandel und andere Dimensionen des globalen Wandels in anderen Weltregionen einen wesentlichen Einfluss auf Österreich, als Teil einer globalisierten und vernetzten Welt, ausüben. Anhand unterschiedlicher Einflusskanäle (Exporte, Importe, Migrationsströme etc.) wurden in dem vom Klima und Energiefonds geförderten Projekt SOS die Auswirkungen auf Österreich untersucht. Darüber hinaus wurden in mehreren interdisziplinären ExpertInnenrunden plausible Spill-Over Effekte, die im Zuge (klimawandelbedingter) globaler Megatrends auftreten, diskutiert.

Die im Projekt exemplarisch dargestellten Megatrends

  • Klimaflüchtlinge aus dem europäisch-mediterranen Raum
  • Handelskrieg mit China

sollten potenzielle Verwundbarkeiten Österreichs in Bezug auf internationale Wirkungskanäle zeigen und Maßnahmen zur Erhöhung der Resilienz ableiten. Die daraus gewonnen Erkenntnisse wurden als ergänzende Empfehlungen für die nationale Klimawandelanpassungsstrategie formuliert und richten sich im Speziellen an die Forschungslandschaft als auch die politische Entscheidungsebene.

Exposition Österreichs über den Einflusskanal der Warenexporte

Der Klimawandel wird die zukünftige Kaufkraft vieler Exportländer Österreichs negativ beeinflussen, ein Teil des österreichischen BIP wird durch diese Exporteinbußen gefährdet werden. Die indirekte Klimaexposition Österreichs via Warenexporte wird voraussichtlich beträchtlich sein: Die Berechnungen ergeben, dass potenziell rund 0,7 % (Medium Impact-Variante bis 2,2% (High Impact-Variante) des österreichischen BIP 2050 gegenüber dem Klimawandel exponiert sein werden. Die Medium-Impact Variante geht davon aus, dass der Klimawandel die Weltwirtschaft in 2015 um 1,8% verringern wird. Die High-Impact Variante geht gemäß Stern (2006) davon aus, dass der Weltwirtschaft aufgrund des Klimawandels in 2050 5% der Wirtschaftsleistung verloren gehen wird.Die Exposition ist in überwiegendem Ausmaß dadurch bedingt, dass die Länder, die bis 2050 wirtschaftlich bedeutsamer werden, auch überdurchschnittlich vom Klimawandel betroffen sein werden.

relative Exportexposition Österreichs in 2050 durch den Klimawandel
Abbildung: Der Klimawandel gefährdet die Warenexporte Österreichs in 2050 in alle Weltregionen. WEUR (Westeuropa), OEUR (Osteuropa), SEUR (Südeuropa), RU (Russland), NAM (Nordamerika), SAM (Südamerika), CN (China), IN (Indien), OASI (Japan/Ostasien), RASI (Rest Asien) OCE (Ozeanien) RdW (Rest der Welt)

Die Berechnungen bergen aufgrund der zugrunde liegenden Langfristprognosen große Unsicherheiten. Dennoch zeigen sie grundsätzlich, dass die wirtschaftlichen Klimawirkungen auf Österreich via Exporte deutlich höher sein können als die direkten Klimawirkungen. Dabei sind weitere internationale Einflusskanäle des Klimawandels, wie die wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Dienstleistungsexporte sowie weitere internationale Einflusskanäle des Klimawandels via Importe, Kapitalmärkte, Migration, Gesundheitsrisiken, Sicherheit etc., noch nicht berücksichtigt.

Vulnerabilität durch Importabhängigkeit

Zu den vulnerabelsten der 444 näher untersuchten Importgüter zählen die Agrarrohstoffe Sojabohnen und Palmöl sowie die Industrierohstoffe Chrom, seltene Erden, Phosphor, Erdgas und Mineralöl. Eine Kombination aus hoher wirtschaftlicher Bedeutung, hoher Importabhängigkeit und hoher weltweiter Nachfrage macht diese Importgüter verwundbar bezüglich möglicher Versorgungsengpässe. Eine Konzentration der Produktion bzw. des Anbaus auf nur wenige Regionen verschärft diese Situation, da die Versorgung besonders anfällig gegenüber klimawandelbedingten Ernteausfällen oder Unterbrechungen der Lieferkette (Transportwege/logistische Zentren) z.B. durch Extremwetterereignisse ist.

Bei den Agrarrohstoffen bleibt offen, ob die weltweite Produktion den steigenden Bedarf decken und mögliche Verluste durch klimawandelbedingte Ernteausfälle auffangen kann. Andere näher betrachtete Importgüter zeigen eine gewisse Verwundbarkeit bezüglich Klimawandel und Preisschwankungen, stellen aber kein wesentliches Problem bezüglich ihrer Versorgungssicherheit dar, da sie in vielen Regionen angebaut werden und entweder substituierbar oder lagerbar sind. Bei Erdöl, Erdgas und Phosphor sind mögliche Engpässe nach Erreichen der Fördermaxima und die Begrenztheit der natürlichen Ressourcen ein wesentliches Problem.

Roadmap für eine Ergänzung der Klimawandelanpassungsstrategie

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass insbesondere eine fachübergreifende Diskussion über die Weiterentwicklung und Umsetzung der Klimawandelanpassungsstrategie erfolgen muss, welche die mit dem Klimawandel verbundenen Risiken transparent macht und mögliche Schadenspotenziale abschätzt.

Prioritäre Aufgaben liegen demnach in

  • der systematischen Folgeabschätzung von weltweiten Klimafolgen
  • der Analyse und Bewertung der Vulnerabilität, einschließlich der Prioritätensetzung hinsichtlich der Risiken und der daraus abgeleiteten Handlungserfordernisse
  • der Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit strategisch wichtiger Rohstoffe und Güter durch diversifizierte Wertschöpfungsketten und Regionalisierung der Vorlieferbeziehungen
  • der ausgewogenen Bewertung der Balance zwischen dem Effizienz- und Resilienzziel
  • dem Aufbau und Erhalt von Lagerhaltungen bzw. der Schaffung von Redundanzen zur Erhöhung resilienter Strukturen

Dieser Beitrag wurde dankenswerterweise von Mag. (FH) Hannes Warmuth, Österreichische Gesellschaft für Umwelt und Technik (ÖGUT), zur Verfügung gestellt.

Weiterführende Informationen:

Projektleitung:

Mag. (FH) Hannes Warmuth

Österreichische Gesellschaft für Umwelt und Technik (ÖGUT)

Hollandstraße 10/46A-1020 Wien

Projektpartner:

Österreichisches Ökologie Institut - ÖÖI

Infras AG (Zürich, CH)

Zentrum für Globalen Wandel und Nachhaltigkeit, Universität für Bodenkultur Wien – BOKU

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