XV. Alpenkonferenz verabschiedet Klimazielsystem 2050

Unter österreichischem Vorsitz hat am 4. April 2019 die XV. Alpenkonferenz in Innsbruck getagt. Dabei wurde unter anderem das „Alpine Klimazielsystem 2050“ verabschiedet. Dieses steht im Kontext des Pariser Klimaabkommens von 2015 und soll klimaneutrale und klimaresiliente Alpen bis 2050 ermöglichen.

Der Grund dafür, warum überhaupt ein „Alpines Klimazielsystem 2050“ entworfen wurde, liegt in der besonderen klimatischen Betroffenheit der Alpen. Seit dem späten 19. Jahrhundert sind dort die Temperaturen im Mittel um 2 °C gestiegen und damit in etwa doppelt so schnell wie im Mittel der Nordhemisphäre. Klimaszenarien lassen erwarten, dass sich dieser Trend weiter verstärkt. 14 Millionen Menschen, 30.000 Tierarten und 13.000 Pflanzenarten sind davon betroffen. Das Phänomen ist zwar räumlich sehr unterschiedlich ausgeprägt, macht aber generell nicht an politischen Grenzen Halt.

Der politische Hintergrund des Klimazielsystems ist die langjährige Arbeit in der Alpenkonvention. Seit 2006 gibt es eine politische Deklaration, seit 2009 einen Klimaaktionsplan und seit 2011 ist Klimawandel eine Priorität im Arbeitsprogramm der Alpenkonvention. Hinter diesen Beschlüssen stehen die Umweltministerinnen und Umweltminister aller acht Alpenländer. Jedoch: Der Klimaaktionsplan von 2009 blieb das einzige alpenweite Politikdokument mit konkreter politischer Relevanz. Deshalb setzte die XIV. Alpenkonferenz 2016 den „Alpinen Klimabeirat“ ein, dessen Mandat darin bestand, bis 2018, also im Zeitraum der österreichischen Präsidentschaft der Alpenkonferenz, ein konkretes Klimazielsystem zu entwickeln. Dieses Zielsystem sollte auf der Grundlage aller bestehenden Initiativen und Beiträge zum Klimawandel im Alpenraum entstehen und einem klimaneutralen und klimaresilienten Alpenraum den Weg bahnen

Wer arbeitet im Alpinen Klimabeirat? Das sind einerseits die Vertreterinnen und Vertretern der acht Alpenstaaten und andererseits Beobachterinnen und Beobachter der Alpenkonvention. Die Vorsitzführung hat Österreich inne und wird von der Abteilung Koordinierung Klimapolitik des BMNT wahrgenommen. Als Ergebnis der zweijährigen Arbeit wurde nun, am 4. April 2019, das „Alpine Klimazielsystem 2050“ herausgegeben und von der XV. Alpenkonferenz offiziell verabschiedet. 

Übersicht des Alpinen Klimazielsystems 2050

Was genau ist das Alpine Klimazielsystem? Das 20-seitige Dokument basiert auf einer umfassenden Bestandsaufnahme aller über 100 aktuellen Klimaaktivitäten der Alpenkonventionsgremien. Darauf aufbauend entwickelte der Alpine Klimabeirat weiche aber überprüfbare Ziele mit Blickrichtung auf 2050.

Das Klimazielsystem gliedert sich in fünf grundlegende Einheiten (siehe Abb): Erstens das Dach (rot) mit der Einbettung in übergeordnete internationale Zielsysteme, Prozesse und Vereinbarungen – konkret sind das die Alpenkonvention, das Pariser Klimaabkommen und die SDGs. Zweitens vier allgemeine Leitsätze (grün) mit einem anspruchsvollen übergreifenden Charakter. Drittens die strategischen Ziele (blau), die die politische Vision abbilden. Um diese allgemeinen Ziele zu operationalisieren, werden, viertens, Sektorziele (rosa) definiert. Hier gibt es 10 inhaltliche Sektoren und zwei Querschnittsbereiche, nämlich Forschung und kommunale Maßnahmen.

Für jeden Sektor gibt es zwei bis fünf Ziele, 37 sind es insgesamt. Der Fokus dieser Ziele liegt auf einem alpenweiten Mehrwert und deckt sowohl Klimaschutz als auch Anpassung ab, teilweise integriert. Schließlich werden auch Kommunikationsziele (gelb) festgelegt. Gemeinsam werden diese Ziele in der Deklaration von Innsbruck vom 4. April 2019 von den Umweltministerinnen und Umweltministern aller Alpenländer unterstützt, was nicht nur den politischen Willen zur Umsetzung bekräftigt sondern auch die Bereitschaft, dafür Ressourcen bereitzustellen.

Mit welchem Ausblick geht es nun weiter? Derzeit wird an Umsetzungspfaden für die vereinbarten Ziele gearbeitet, die auf die Beteiligung und Unterstützung vieler Stakeholder aus dem Alpenraum angewiesen sind. Deshalb gab es am 13./14. Mai in Salzburg einen ersten internationalen Stakeholder-Workshop. Darüber hinaus kann die Umsetzung aber nur gelingen, wenn alle Unterzeichnerstaaten der Deklaration von Innsbruck ihren Worten Taten folgen lassen, indem sie das Klimazielsystem in nationale Strategien und Aktionspläne einfließen lassen und die finanziellen Mittel zur Durchführung von Maßnahmen bereitstellen. Damit dies auch gelingt, wurde das Klimazielsystem eng in die bestehenden internationalen Vereinbarungen eingebettet (siehe Dach, Abb. 1). Darüber hinaus nutzt die Alpenkonvention ihre Netzwerke und Erfahrungen in der Anregung transnationaler Prozesse. Um die Richtung dafür vorzugeben, spricht der Alpine Klimabeirat folgende Handlungsempfehlungen aus:

(1)  Gesamtumsetzung: Ehrgeizige Ziele erfordern ehrgeizige Maßnahmen

  • Priorisierung alpenweit koordinierter Maßnahmen im Rahmen nationaler Klimakonzepte
  • Systematische Berücksichtigung von Klimaschutz und Klimawandelanpassung bei allen Aktivitäten (Climate-Proofing)
  • Initiierung von Pilotaktionen: Sichtbarkeit erhöhen und Umsetzung vorantreiben
  • Mobilisierung von Ressourcen: Personelles und finanzielles commitment
  • Förderung des Austausches mit anderen Gebirgsregionen
  • Entwicklung eines Monitoring-Tools

(2)  Die Aktualisierung des Klimaaktionsplans macht handlungsfähiger und agiler

  • Überprüfung der Anpassung- und Klimaschutzmaßnahmen des Aktionsplans
  • Regelmäßige Aktualisierung der Bestandsaufnahme relevanter Maßnahmen

(3)  Kommunikation und Kooperation: Ehrgeizige Maßnahmen erfordern breite Unterstützung

  • Entwicklung einer Kommunikationsstrategie: Zielgruppenrelevant Bewusstsein schaffen
  • Prüfung neuer Formen der Zusammenarbeit (z.B. mit ALPACA)