Spielend den Klimawandel verstehen
Spiele sind eine hervorragende Möglichkeit, komplexe Zusammenhänge greifbar zu vermitteln. Komplex ist der Klimawandel mit seinen Auswirkungen auf Mensch, Umwelt und Gesellschaft allemal. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl an Karten-, Brett-, Rollen- und Online-Spielen zum Thema Klimaschutz und Klimawandelanpassung, die den Gesprächseinstieg und Bewusstseinsschaffung erleichtern.
Mehr als 388 Mio. Ergebnisse liefert die Google-Suche nach „Games Climate Change“ – Spiele mit Bezug zum Klimawandel liegen im Trend. Spiele können komplexe Beziehungen zwischen einzelnen Akteurinnen und Akteuren, Interessensgruppen und Staaten simulieren. Je nach den Rahmenbedingungen im Spiel kann der Fokus auf individuellem Verhalten bis hin zu politischen Verhältnissen liegen. Wissenschaftliche Untersuchungen bestätigen, dass Spiele Wissen vermitteln und Betroffenheit erzeugen können. Unklar ist in der Forschung noch, inwieweit Spieler anschließend tatsächlich ihr Verhalten ändern und ob damit auch Personen erreicht werden können, die sich bisher noch nicht für den Klimawandel interessieren.
Die ersten Spiele im Zusammenhang mit Klimawandel wurden bereits 1983 veröffentlicht. Anfangs wurden vor allem Brett- und Rollenspiele entwickelt, mittlerweile überwiegen Online-Spiele. Die meisten Spiele fokussieren entweder auf die globalen Zusammenhänge oder auf lokale Aktivitäten, um den Klimawandel einzudämmen. Nur wenige führen die verschiedenen Entscheidungsebenen zusammen. Inhaltlich überwiegen Spiele zu Klimaschutz und Reduktion der Treibhausgasemissionen. Immer mehr Spiele widmen sich politischen Prozessen und Anpassung an die Klimawandelfolgen.
Rollenspiele
Rollenspiele ermöglichen den Teilnehmenden, im Spiel eine bestimmte Rolle einzunehmen und auf diese Weise einen Sachverhalt aus der Perspektive dieser Rolle zu erleben.
Das Rollenspiel simuliert die internationalen UN-Klimaverhandlungen, um die globalen Treibhausgas-Emissionen zu reduzieren. Die Spielenden diskutieren als Delegierte verschiedener Nationen. Ziel ist, sich gemeinsam auf Maßnahmen zu einigen, um die Klimaerhitzung auf max. 2 °C über dem vorindustriellen Level zu beschränken. Der Spielleiter berechnet mithilfe eines Klimamodells, ob die vereinbarten Maßnahmen das Ziel erreichen. Die Spielmaterialien sind in 14 Sprachen erhältlich, mittlerweile kann man eine Spielgruppe auch via Online-Plattform leiten. Das World Climate Game wurde bisher von über 70.000 Menschen in 94 Ländern gespielt.
Das Szenario: Es regnet seit 4 Tagen ununterbrochen, und die Flussufer brechen bereits zusammen. Die Spielenden stehen vor einer besonderen Herausforderung im Street Game Downpour!, einer besonderen Variante eines Rollenspiels – sie spielen nämlich direkt in den Straßen der Stadt. In der Rolle als städtische Krisenmanager und -managerinnen entwickeln Teams aus je fünf Personen einen Hochwasserschutz für die Stadt. Die Teilnehmenden werden intensiv mit den klimawandelbedingten Risiken durch Starkregen konfrontiert und müssen gemeinsam eine Lösung suchen. Der Lerneffekt ist durch die unmittelbare Erfahrung groß, entsprechend hoch ist aber auch der Aufwand. Über die Agentur Playfuel kann man das Spiel in eine Stadt in Österreich holen.
Spielesammlung des Red Cross Climate Centre
Die Spielesammlung des Red Cross Climate Centre ist eine Fundgrube für alle, die Spiele mit Klimawandelbezug für Gruppen suchen, etwa im Rahmen eines Workshops. Die Sammlung lässt sich nach Spieldauer und thematischem Fokus – wie Klimawandelanpassung, Mitigation, Resilienz oder Jugend – filtern und liefert übersichtlich aufbereitete Spiele inkl. Anleitungen, Material und Empfehlungen. Sämtliche Materialien sind auf Englisch verfügbar.
Brettspiele
Brettspiele eignen sich besonders für kleinere Gruppen zur Wissensvermittlung, aber auch um die Spielenden zum Austausch über Klimawandel, Auswirkungen und persönliche Maßnahmen anzuregen.
Bei Keep Cool führen alle Spielenden eine Ländergruppe (zum Beispiel USA & Partner, Europa, OPEC) und versuchen, den eigenen wirtschaftlichen Fortschritt zu sichern. Gleichzeitig müssen die Ländergruppen in Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Anpassung investieren, um Klimaschäden durch auftretende Klimakatastrophen abzuwenden. Neben dem wirtschaftlichen Ziel haben alle Spielenden auch ein geheimes politisches Ziel, das nur in Zusammenarbeit mit anderen erreicht werden kann. Es gibt auch eine mobile Version des Spiels für das Smartphone.
ATMOLUTION – das Klima-Strategiespiel
Eine Gruppe von 10 Schülerinnen und Schülern hat das Klima-Strategiespiel ATMOLUTION entwickelt. Die Spielenden erhalten mit Quizfragen, Entscheidungen und Situationskarten Ideen, wie sie ihr Leben umwelt- und klimafreundlich gestalten können. Dabei müssen sie mit ihrem Startkapital haushalten und Umweltpunkte sammeln. Durch richtig beantwortete Quizfragen kann man zusätzliches Geld verdienen. Die Entscheidungskarten konfrontieren mit Entscheidungen aus dem täglichen Leben, wie zu Mobilität oder Fleischkonsum. Klimafreundliche Entscheidungen bringen Umweltpunkte und schlussendlich den Sieg, kosten aber auch mehr Geld. Zwischendurch heitern Situationskarten das Spiel auf: Schätz- und Schnelligkeitsfragen können zusätzliches Geld bringen, durch unvorhergesehene Aktionen kann man gesammeltes Geld oder Umweltpunkte auch wieder verlieren. ATMOLUTION besteht zu 100 % aus umweltfreundlichen Materialien, wie etwa recycelten Schnapskorken als Spielfiguren.
Online-Spiele
Die Plattform des Projekts CLIMATES versteht sich als Drehscheibe für gelungene Klimakommunikation und bietet eine Übersicht über viele verschiedene Spiele zu Klimawandel, Anpassung und anderen Umweltthemen. Im Fokus stehen Spiele und weitere Angebote für Jugendliche.
Ökotopia ist ein Online-Trainingsspiel für Jugendliche, Schülerinnen und Schüler. Ziel des Spiels ist, die Lebensqualität zu maximieren und ein zufriedener Mensch in der fiktiven Stadt Ökotopia zu werden. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer treffen Entscheidungen für die Bereiche Wohnen, Kleidung, Getränke, Fortbewegung und Ernährung. Jedes Produkt kostet Geld und Emissionspunkte, bringt aber (im Idealfall) Punkte für die Lebenszufriedenheit. Vom Klima beeinflusste Rahmenbedingungen, wie etwa Waldbrände oder eine gute Ernte, beeinflussen Trends und Preise und somit die Lebensqualität.
Im Climate Adaptation Game trifft der oder die Spielende Entscheidungen für die Entwicklung der fiktiven Stadt Weatherton. Ziel ist, die Stadt widerstandsfähig gegen auftretende Klimaextreme wie Hitze, Starkregen oder Trockenheit zu machen, um die Bevölkerung und die Infrastruktur vor Schäden zu schützen und eine gute Lebensqualität zu erhalten. Das Spiel vermittelt praxisnah, mit welchen Klimawandelfolgen eine Stadt konfrontiert sein kann und welche Maßnahmen die Änderungen abfedern können. Das Spiel ist auf Englisch verfügbar.
Im Spiel Precipice trifft man verschiedene Charaktere in der Gegenwart und im Jahr 2032. In einer 3D-Simulation unterhält man sich mit den Charakteren, lernt ihre Einstellung zum Klimawandel kennen und versucht sie zu mehr Umweltbewusstsein zu überzeugen. Als Spieler kann man zwischen der Gegenwart und der Zukunft wechseln, um den Einfluss der Gespräche auf die Zukunft zu beobachten. Das Spiel ist auf Englisch verfügbar.
Das Laufspiel “Life of Pika” vermittelt die Bedrohungen, die ein Pika – auch Pfeifhase genannt – überstehen muss, um in einer veränderten Umwelt zu überleben. Auf der Futtersuche muss man Schutz vor Überhitzung und Fressfeinden suchen. Zwischen den Levels werden die Lebensweise der Pikas und Veränderungen durch den Klimawandel in kleinen Comics vermittelt. Die Spiele-App kann kostenlos heruntergeladen werden. Das Spiel ist auf Englisch verfügbar. (AS, September 2020)
Rollenspiele
Spielesammlung des Red Cross Climate Centre
Brettspiele
ATMOLUTION – das Klima-Strategiespiel
Online-Spiele
Quellen
Roberta Kwok: Science and Culture: Can climate change games boost public understanding? PNAS April 16, 2019 116 (16) 7602-7604.
Wu, J., Lee, J. Climate change games as tools for education and engagement. Nature Clim Change 5, 413–418 (2015).
Diana Reckien, Klaus Eisenack: Climate Change Gaming on Board and Screen: A Review. Volume: 44 issue: 2-3, page(s): 253-271.
Alessandro Tavoni, Astrid Dannenberg, Giorgos Kallis, and Andreas Löschel: Inequality, communication, and the avoidance of disastrous climate change in a public goods game. PNAS July 19, 2011 108 (29) 11825-11829.