TransWind: Mehr oder weniger Windkraft in Österreich - das ist hier die Frage

Die Diskussion um den Ausbau der Windkraft wird auf regionaler Ebene zumeist emotional geführt. Während für die einen ökonomische Vorteile oder ein Beitrag zum Klimaschutz im Vordergrund stehen, sehen andere eine große Bedrohung für das Landschaftsbild oder lokale Ökosysteme. Diesem Spannungsfeld widmete sich das Projekt TransWind.

In einem transdisziplinären Ansatz wurde untersucht, wie verschiedene Ausbauszenarien für Windenergie in Österreich durch gesellschaftliche Gruppen beurteilt werden. Im Rahmen Im Mittelpunkt stand dabei das Konzept der sozialen Akzeptanz, welches sozio-politische, ökologische, rechtliche und ökonomische Faktoren auf unterschiedlichen Ebenen vereint. Im engen und steten Dialog mit Stakeholdern und potentiell Betroffenen schaffte es TransWind, wissenschaftliche und praktische Einsichten zu generieren, die auf individueller Basis nicht erreicht werden hätten können.

Theoretisches Flächenpotential für die Windkraftnutzung in Österreich

Welche Flächen eignen sich in Österreich für Windkraftanlagen und welches Potential ergibt sich daraus? Im Rahmen des Projekts TransWind stand vor allem die sachliche Qualität der wichtigen und konfliktträchtigen Entscheidungen über die Potentialflächen im Vordergrund. Von Beginn des Projekts an haben wir deshalb mit einer Gruppe von 34 EntscheidungsträgerInnen und ExpertInnen aus unterschiedlichen Bereichen (Betreiberfirmen, Umweltanwaltschaften, Regulierungsbehörden, Naturschutzorganisationen etc.) zusammen gearbeitet. Mit deren Unterstützung wurden Flächenkriterien und Abstandsregelungen festgelegt, die als Grundlage für die Berechnung des theoretischen Flächenpotentials in drei Varianten (min, med, max) dienten. Abbildung 1 zeigt deutlich, dass etwa 90% der Potentialflächen im Burgenland und in Niederösterreich liegen (eine detaillierte Karte befindet sich zum Download auf der Projektwebsite).

Darstellung des Windkrakftnutzungspotenzial in Österreich
Flächenpotential der Med-Variante zur Windkraftnutzung in Österreich

Auf Basis dieser Potentialberechnungen wurden vier Fallbeispielgemeinden in Österreich ausgewählt. Als Grundlage dienten spezifische Eigenschaften der Gemeinden, wie unterschiedliche Landschaftstypen und die Bedeutung des Tourismus. Für jede dieser Gemeinden visualisierten wir fiktive Windparks und diskutierten die geplante Umsetzung vor Ort mit der Bevölkerung und EntscheidungsträgerInnen im Rahmen von Fokusgruppen.

Der Visualisierungsparcours

Vor allem die visuelle Beeinträchtigung des Landschaftsbildes wird als wichtiges Argument gegen Windkraft genannt. Um die Bevölkerung hinsichtlich der visuellen Auswirkungen einer geplanten Anlage zu informieren, werden in der Planungspraxis fast ausschließlich Bildmontagen verwendet, die jedoch keine objektive Gültigkeitsprüfung zulassen, nur wenige fixe Sichtpunkte erlauben und häufig wegen hohen Manipulationspotentials im Fokus der Kritik stehen. Zur besseren Unterstützung des subjektiven Empfindens haben wir für die vier Fallstudiengemeinden neben der klassischen Fotovisualisierung interaktive 3D Modelle sowie Stereovideos mit VR (Virtual Reality)-Brillen entwickelt und im Rahmen von Visualisierungsparcours bewerten lassen (siehe Abb. 2).

TeilnehmerInnen des Visualisierungsparcours mit VR Brille
TeilnehmerInnen der Visualisierungsparcours mit VR Brille (links) und dem interaktiven 3D Modell (rechts)

Visualisierungen müssen realistische Darstellungen bieten, die den NutzerInnen Orientierung geben, Vertrauen aufbauen und das Planungsvorhaben verdeutlichen. Die drei bisher durchgeführten Planspiele in den Fallstudiengemeinden haben gezeigt, dass unsere Visualisierungstechniken diese Realität vermitteln können. Die verschiedenen Visualisierungsmethoden wurden anhand eines Fragebogens hinsichtlich Realismus, Glaubwürdigkeit und Handhabung bewertet. Besonders die interaktiven 3D Modelle, die ähnlich einem Computerspiel die freie Bewegung in der Landschaft zulassen, wurden als sehr glaubwürdig angesehen. Da Transparenz bei der Erhöhung der sozialen Akzeptanz ein wesentlicher Faktor ist, kommt dem Verständnis der präsentierten Visualisierungen seitens der BürgerInnen eine besondere Bedeutung zu. Hierbei zeigt sich, dass interaktive 3D Modelle förderlich für die Unterstützung der visuellen Vorstellung sein können, da sie Leistungen erbringen, die mit anderen Methoden der Visualisierungstechnik nicht möglich sind, wie z.B. der Besuch emotional behafteter (Erholungs-) Räume. 

Akzeptanz – eine Frage der Gerechtigkeit?

Die im Projekt bislang durchgeführten 30 ExpertInneninterviews und sechs lokalen Fokusgruppendiskussionen, die im Anschluss an den Visualisierungsparcours stattgefunden haben, werden gerade ausgewertet. Erste Analysen zeigen, dass die Frage der sozialen Akzeptanz eng mit einer Gerechtigkeitsvorstellung verknüpft ist. Der Ausbau der Windkraft wird von vielen Befragten erst dann als gerecht und akzeptabel empfunden, wenn gleichzeitig auch umfassende Effizienzmaßnahmen getroffen werden. D.h. mit dem Wunsch nach mehr Strom aus erneuerbarer Energie müssen auch Maßnahmen der Einsparung von Energie einhergehen.

Darüber hinaus spielen auch Fragen der Verfahrens- und Verteilungsgerechtigkeit eine große Rolle. Wer profitiert von den Windrädern und wie können monetäre Gewinne ausgewogen verteilt werden? Wie müssen Planungs- und Entscheidungsprozesse strukturiert sein, damit die Interessen des Naturschutzes, des Landschaftsschutzes und der Betroffenen gleichermaßen berücksichtigt werden? Als wichtig wird dabei wahrgenommen, dass Planungsprozesse mit einer Ergebnisoffenheit initiiert werden. Kommt der Windpark „Ja“ oder „Nein“ und wenn „Ja“ dann ist das „Wie“ wichtig. Wo befinden sich die Anlagen, mit welcher Rotorblattspitzenhöhe, wie viele Anlagen sind es, wie beeinflusst dieser Windpark unsere Wahrnehmung des Landschaftsbildes? Betroffene müssen frühzeitig in Entscheidungsprozesse eingebunden werden und mitentscheiden können. Diese und andere Empfehlungen werden in der letzten Phase von TransWind zusammen mit den ExpertInnen aus unserer Stakeholdergruppe ausgearbeitet. (Oktober, 2015)

Dieser Beitrag wurde von Patrick Scherhaufer1, Stefan Höltinger2, Boris Salak3, Thomas Schauppenlehner3 und Johannes Schmidt2 verfasst.

Weiterführende Informationen:

Projektleitung: Patrick Scherhaufer (Institut für Wald-, Umwelt- und Ressourcenpolitik)

Projektpartner:

1Institut für Wald-, Umwelt- und Ressourcenpolitik

2Institut für nachhaltige Wirtschaftsentwicklung

3Institut für Landschaftsentwicklung, Erholungs- und Naturschutzplanung

alle Universität für Bodenkultur Wien

Projektlaufzeit: 2013 - 2015

Projektwebsite