Abschluss des Schweizer Pilotprogramms „Anpassung an den Klimawandel“
Das Schweizer Pilotprogramm zeigt, wie man Klimawandelanpassung in die Praxis bringen kann. Bei der Abschlussveranstaltung am 17. Oktober 2017 in Bern wurden die Ergebnisse der 31 Schweizer Pilotprojekte präsentiert. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse können auch für die Klimawandelanpassung in Österreich von Interesse sein.
Als Alpenland ist die Schweiz – wie auch Österreich – besonders von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen. Aus diesem Grund hat das Schweizerische Bundesamt für Umwelt (BAFU) im Jahr 2013 das Pilotprogramm „Anpassung an den Klimawandel“ lanciert. Kantone, Regionen und Gemeinden sollen damit Antworten auf brennende Fragen wie: „In welcher Form sind wir betroffen?“, „Welche Risiken gibt es?“ und vor allem: “Was können wir tun?“ erhalten. Das Programm war für die Periode 2013-2017 mit einem Budget von 7,7 Mio. Schweizer Franken dotiert. Von insgesamt 105 Einreichungen wurden 31 Vorhaben mit einer maximalen Laufzeit von drei Jahren (2014-2016) ausgewählt.
Die Pilotprojekte haben sich dabei mit sechs Themenfeldern beschäftigt, in denen Handlungsbedarf besteht:
- Hitzebelastung in Städten
- Sommertrockenheit
- Hochwasser und Hanginstabilität
- Veränderung der Biodiversität
- Ausbreitung von Schadorganismen, Krankheiten und gebietsfremden Arten
- Sensibilisierung, Information und Koordination
Erkenntnisse auf Programm- und Projektebene
In seinem einleitenden Überblick fasste der Programmkoordinator Thomas Probst (BAFU) zusammen, dass die Projekte der abgelaufenen Programmperiode inhaltlich vorerst vorwiegend dazu beitrugen, die Auswirkungen des Klimawandels zu verstehen und zu überwachen sowie Handlungsoptionen zu identifizieren und Strategien zu erarbeiten. Darüber hinaus wurde die Sensibilität der Betroffenen für die Anpassung gesteigert und die Zusammenarbeit zwischen den Akteurinnen und Akteuren gefördert. In Zukunft sollte seiner Ansicht nach nun vermehrt die Entwicklung von Hilfsmitteln für die Praxis sowie die Planung und Umsetzung konkreter Anpassungsmaßnahmen in den Fokus rücken, um Risiken tatsächlich zu reduzieren und Chancen zu nutzen.
Im Anschluss wurden auf der Veranstaltung die Ergebnisse einer Begleitstudie zum Pilotprogramm präsentiert. Tina Haisch von der Fachhochschule Nordwestschweiz und Marco Pütz von der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) identifizierten darin fallstudienbasiert u.a. förderliche und hemmende Faktoren für die Anpassung und zogen Rückschlüsse auf das gesamte Pilotprogramm sowie die Zusammenarbeit von Bund, Kantonen und Gemeinden. Auf Programmebene empfehlen die Studienautoren, in der Einschätzung und Auswahl zukünftiger Projekte vermehrt das örtlich vorhandene themenbezogene Risiko mit einzubeziehen und Nutzwertanalysen als Voraussetzung für Förderungen durchzuführen. Ebenso soll die Nachhaltigkeit der Ressourcen für die Region sichergestellt sowie Wissenstransfer und Know-how für Regionen gewährleistet werden. Auf Projektebene wird empfohlen, Begriffe frühzeitig zu klären, Budgets realistisch abzuschätzen, die Akteurskonstellation auf Projektziele auszurichten und Schlüsselakteure dabei frühzeitig einzubinden. Zudem gilt es, die Motivation regionaler Akteure sicherzustellen.
Der Höhepunkt des Tages war eine „Tischmesse“ mit den Pilotprojekten – begleitet von kulinarischen Leckerbissen. In Form eines „Marktplatzes“ mit „Standlern“ hatte man hier die Möglichkeit zum direkten Austausch mit den Vertreterinnen und Vertretern der 31 Projekte des Pilotprogramms. In einer Feedback-Ecke und auf einem “Wunschbaum“ konnte man festhalten, was man zum Thema Klimawandelanpassung und zum Pilotprogramm schon immer mitteilen wollte. Zudem gab es eine „Partner-Search-Wand“, um Angebot und Nachfrage zur Anpassung zusammenzuführen.
Wie geht es weiter in der Schweiz?
Die Evaluation der nun abgeschlossenen Periode 2013-2017 sprach sich eindeutig für eine Weiterführung des Pilotprogramms aus. Durch die stärkere Gewichtung von sektorenübergreifender Zusammenarbeit sowie einem stärkeren Fokus auf die Verhaltensebene und der Nutzung von Chancen soll es zu einer konzeptionellen Schärfung kommen. Weitere Empfehlungen aus der Evaluation sind der verstärkte Austausch zwischen den Projekten sowie die Intensivierung der Kommunikation nach außen. Anfang 2018 soll der Projektaufruf für die zweite Periode 2018–2022 beginnen. Die Umsetzung der neuen Projekte soll dann zwischen 2019 und 2021 erfolgen, wie Roland Hohmann (BAFU) in seinem Ausblick erläuterte und auch gleich Beispiele für mögliche Themen lieferte: Zum Handlungsfeld Hitzebelastung zählen Public-Health-Maßnahmen während Hitzewellen und die integrierte klimaangepasste Stadt- und Quartierentwicklung. Im Bereich Hochwasserrisiko und Massenbewegung sind mögliche Themen die Erarbeitung regionaler Grundlagen für Extremereignisse und der verbesserte Umgang des Bevölkerungsschutzes mit Klimawandelfolgen. Im Themengebiet der Lebensräume und Artenzusammensetzung könnten sich Projekte mit der Identifikation von klimasensitiven Waldstandorten, der klimaangepassten Waldbewirtschaftung, der klimatischen Eignung landwirtschaftlicher Nutzpflanzen und mit entsprechenden Anbausystemen beschäftigen. In Bezug auf Schadorganismen, Krankheiten und gebietsfremde Arten wären mögliche Themen die Überwachung und Frühwarnung betreffend invasive gebietsfremde Arten sowie die Entwicklung von Strategien für eingeführte Baumarten und Schadorganismen. In Anlehnung an die Ergebnisse der ersten Programmevaluation gilt es zudem, mit zukünftigen Projekten den Wissenstransfer zwischen allen Ebenen und Akteursgruppen zu verbessern und eine risikobasierte Handlungskultur zu entwickeln. (Dezember, 2017)