In Waldluft baden: Neue Tourismusangebote für das zukünftige Klima

Etwa 3,4 Milliarden Bäume stehen in Österreichs Wäldern. Damit kommt der heimischen Forstwirtschaft eine wichtige Rolle in der Erhaltung, Pflege und Bewirtschaftung unserer Wälder zu. Gesunde Wälder sind attraktive Erholungsorte und daher auch für den Tourismus wichtig. Die vier KLAR!-Regionen Vorderwald-Egg, Rosental, Pongau und Terra Future zeigen, mit welchen Maßnahmen sie Wälder und Tourismusangebote unter einem veränderten Klima zukunftsfähig machen.

Pro Jahr besuchen etwa 41 Millionen Gäste Österreich. Bei 3,4 Milliarden Bäumen wachsen pro Tourist knapp 83 Bäume in unseren Wäldern. Davon abgesehen, was verbindet Wälder und Tourismus? Sowohl der Holzsektor als auch der Tourismus sind wichtige Wirtschaftsbranchen in Österreich, insbesondere in ländlichen Regionen. Die Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette Holz – von Forstwirtschaft über holzverarbeitende Industrie bis zu Zimmereien und Tischlereien – erwirtschaften einen jährlichen Produktionswert von rund 12 Milliarden Euro. Die direkte Wertschöpfung der Tourismus- und Freizeitwirtschaft betrug im Jahr 2016 fast 26 Milliarden Euro – der inländische, nicht-touristische Freizeitkonsum nicht einberechnet.

Wälder tragen in vielfacher Weise zu einem florierenden Tourismus bei: Sie sind wichtige Naherholungsräume und schaffen ein attraktives Landschaftsbild. Als Schutzwälder stabilisieren sie im alpinen Raum den Boden und schützen Infrastrukturanlagen, die häufig auch touristisch genutzt werden.

Für die KLAR!-Regionen Vorderwald-Egg, Rosental, Pongau und Terra Future – alle drei in den Alpen beheimatet – haben sowohl die Forstwirtschaft als auch der Tourismus eine Bedeutung. Jede Region stellt vor, wieso sie ihren Schwerpunkt auf Forstwirtschaft bzw. Tourismus setzt und welche Maßnahmen dafür geplant und teilweise schon umgesetzt sind.

KLAR! Vorderwald-Egg: Would 2050 – Auch vor dem Wald macht der Klimawandel keinen Halt       

Das Logo der KLAR! Vorderwald-Egg im Zeichen der Veränderungen des Waldes
Das Logo der KLAR! Vorderwald-Egg im Zeichen der Veränderungen des Waldes

Die Motivation der acht Vorderwälder Gemeinden, gemeinsam mit der Gemeinde Egg eine KLAR!-Region zu gründen, lag auf der Hand: Die von Landwirtschaft, Wald, Tourismus und Handwerk geprägten Gemeinden im Bregenzerwald sind in hohem Maße von der Natur abhängig und daher vom Klimawandel stark betroffen. Kristallisationspunkt für die vielfältige Betroffenheit ist der Wald: Der Waldanteil liegt bei 43 %. Die großflächigen Fichtenwälder in der Region sind besonders anfällig für Risiken infolge des Klimawandels. Dem gegenüber stehen besonders wertvolle und in Österreich selten vorkommende Plenterwälder im Bregenzerwald, die als widerstandsfähiger gegenüber Klimawandel-Risiken anzusehen sind. Im Plenterwald werden nur einzelne, „reife“ Bäume entnommen, statt größere Flächen kahl zu schlagen, wie es sonst häufig üblich ist. Diese Wirtschaftsweise ist für die Bäume und den Waldboden besonders schonend und erhöht die Stabilität des Waldes. Zentrales Anliegen der KLAR! Vorderwald-Egg ist, die bestehenden Fichtenbestände in Plenterwälder umzuwandeln.

"Eines der Zukunftsthemen in unserer Region wird ein klimawandelangepasster Waldbau und das Einbringen von klimatoleranten Baumarten sein. Durch die Vermittlung von entsprechenden waldbaulichen Kenntnissen möchten wir die Waldeigentümer befähigen, ihre Wälder nachhaltig zu bewirtschaften und fit für den Klimawandel machen“, erklärt Christian Natter, Projektleiter der KLAR!-Region Vorderwald-Egg.

Durch aktives Arbeiten am klimafitten Wald der Zukunft werden die vielfältigen Funktionen des Waldes und somit der Region als Ganzes gestärkt: Wirtschaftlichkeit, Schutzfunktion, Erholungsfunktion, Naturnähe und Nachhaltigkeit der Wälder werden erhöht. Konkret arbeitet die KLAR!-Region Vorderwald-Egg an der Umsetzung folgender Maßnahmen:

  • Erstellung einer Plenterwaldfibel für Kleinwaldbesitzer
  • Einrichten von Lernorten „Zukunftswald“
  • Entwicklung des Tourismusangebots „in Waldluft baden“
  • Pflanzen von Schattenbäumen an Premiumstandorten („9 hoch 999 Enkelbäume“)

Durch den Klimawandel wird sich langfristig die Zusammensetzung der Baumarten im Bregenzerwald ändern. Der Anteil an Laubhölzern (z. B. Buche) wird zunehmen, die aktuellen Verwendungsmöglichkeiten für diese sind zum Teil noch sehr mangelhaft. Das wird heimische holzverarbeitende Betriebe und den Holzhandel vor Herausforderungen stellen. Gemeinsam mit dem Werkraum Bregenzerwald, einem Zusammenschluss von Handwerkern im Bregenzerwald, wird im Rahmen von KLAR! die Situation diskutiert und nach möglichen Lösungsansätzen gesucht.

Wildbäche sichern

Demnächst findet eine Besichtigung und Schulung für Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Waldaufsicht, von  Feuerwehrkommandos und Bauhöfen der KLAR! Region Vorderwald-Egg statt. Die Veranstaltung steht unter dem Thema „Naturgefahren durch Wildbäche: kleine Ursachen – große Wirkung“ und ist ein Kooperationsprojekt mit der Wildbach- und Lawinenverbauung, der Gebietsbauleitung Bregenz und dem Landesforstdienst. Hintergrund ist, dass Starkniederschläge in der Region in Zukunft heftiger ausfallen werden. Da die Geologie in der Region ohnehin anfällig für Rutschungen ist, erhöht sich das Risiko für Hangrutsche und Bäche, die über die Ufer treten. Gemeinden sind im Bereich der Wildbäche für die jährliche Begehung zuständig und zur Räumung von Wildbächen verpflichtet. Durch die Schulungen sollen die anfallenden Räumungs- und Sanierungskosten reduziert und im besten Fall verhindert werden.

Die nächste Generation stärken

Ein großer Erfolg war der Kinder-Klima-Kongress, der bereits im Mai im BORG Egg veranstaltet wurde: Schülerinnen und Schüler der 6. Klasse des Wahlpflichtgegenstandes „Der heimische Wald“ hatten sich im Unterricht eingehend mit der Thematik Klimawandel beschäftigt. Beim Kinder-Klima-Kongress gaben sie ihr Wissen unter dem Motto „Schüler unterrichten Schüler“ in spielerischer Form an Volksschulkinder weiter. Über 100 Kinder aus den umliegenden Volksschulen Egg, Lingenau, Hittisau und Krumbach (Klima- bzw. Naturparkschulen) nahmen am Kongress teil.

Schülerinnen und Schüler beim Kinder-Klima-Kongress
Schüler unterrichten Schüler beim Kinder-Klima-Kongress im BORG Egg

Steckbrief KLAR! Vorderwald-Egg:

KLAR! Rosental: Schwerpunkt auf Tourismus und Forstwirtschaft

Entlang der Drau im Süden Österreichs liegen die vier Gemeinden der KLAR! Rosental. Die Hauptsiedlungsgebiete befinden sich im Tal, durch das die Drau fließt. Zahlreiche Nebentäler, die sich zum Teil steil in die Karawanken hinaufziehen, sind typisch für diese Region. Das Rosental lebt vom Tourismus (Wandern, Radfahren, Ausflugsziele), hat gut aufgestellte Gewerbebetriebe und wird auch stark von der Land- und Forstwirtschaft geprägt. Daher fokussieren sich die Anpassungsmaßnahmen auf diese Schwerpunktthemen.

Blick ins Rosental
Diese Einsendung zum Klimawandel-Wettbewerb zeigt die romantische Seite der Forstwirtschaft im Rosental.

Wälder und Forstwirtschaft stärken

Durch den Klimawandel steigt der Schädlingsdruck in unseren Wäldern. Zusätzlich schwächen Schneebruch und extreme Wetterereignisse die Bäume. Deshalb ist es dringend notwendig, den Wald zukunfts- bzw. klimafit und ökologisch stabil zu machen. Waldbesitzerinnen und -besitzer, insbesondere solche von Kleinstwäldern und Hof-fernen Wäldern, werden durch traditionell erfolgreiche Berufs- und Interessensverbände schwer bzw. zum Teil gar nicht erreicht. Exkursionen und Vorträge mit lokalen Expertinnen und Experten sollen diese Personengruppe auf die genannte Problematik aufmerksam machen. Im Rahmen einer Exkursion erfahren die Interessierten beispielsweise, wie sie Borkenkäferbefall frühzeitig erkennen und welche Maßnahmen sie selbst dagegen ergreifen können. Viele der lokalen Waldbesitzerinnen und -besitzer sind in ihrem Wald nicht aktiv und wissen teilweise wenig über den Wald und die Forstwirtschaft. Sie sollen durch diese Maßnahme motiviert werden, sich mehr mit dem Thema zu befassen. Außerdem werden dadurch Kompetenzen zur klimafitten Bestandsumwandlung und Bewirtschaftung aufgebaut.

Neue Chancen für Tourismus und Freizeitwirtschaft

Die Anzahl der Hitzetage und Tropennächte wird durch den Klimawandel weiter zunehmen. Das führt voraussichtlich zu einem veränderten Freizeit- und Urlaubsverhalten auch in der KLAR!-Region Rosental. Besonders bei hitzegeplagten Stadtbewohnerinnen und -bewohnern steigt die Nachfrage nach schnell erreichbaren Reisezielen. Im Zuge einer Maßnahme werden damit zusammenhängende Faktoren und sich daraus ergebende Chancen abgeschätzt. Außerdem soll bestehende Infrastruktur angepasst und gegen zunehmende Naturgefahren abgesichert werden. Zusätzlich sollen der richtige Umgang mit Naturgefahren und Gefahrenabwehr erarbeitet sowie Gefahrenzonenpläne erstellt werden. Ziel dieser Maßnahmen ist eine verstärkte Inwertsetzung des attraktiven Rosentals durch Stärkung des (sanften) Tourismus als Wirtschaftsfaktor der Region.

Die Region hat weitere Maßnahmen zu verschiedenen Themen erarbeitet. Zum Thema Siedlungsraum wird unter anderem ein Workshop stattfinden, der Gartenbesitzerinnen und -besitzern das Bewirtschaften des Hausgartens unter Einfluss des Klimawandels erleichtern soll. Zum Thema Gesundheit wird ein eigens für die Region zuständiger „Hitzekümmerer“ ernannt, der vor allem älteren Menschen bei Besorgungen helfen soll. Außerdem werden Maßnahmen zum Thema Katastrophenschutz umgesetzt.

Der bisher größte Erfolg in dieser KLAR!-Region war der von August bis September 2018 laufende Fotowettbewerb zum Thema Klimawandel. Damit wurden die Gemeindebürger in der Region animiert, aktiv über das Thema Klimawandel nachzudenken.

Steckbrief KLAR! Rosental:

Mitglieder: 4 Gemeinden

Fläche: 308,42 km²

Bevölkerung: 11.429

Ansprechperson: Manja Kampuš, BA

KLAR! Pongau: Neue Wege im Tourismus

2 schmelzende Schneemänner

Die Auswirkungen des Klimawandels sind im Pongau als alpine Region bereits deutlich spürbar. Die klimatischen Veränderungen werden die künftige wirtschaftliche Entwicklung mit einem starken touristischen Fokus maßgeblich mitbestimmen.

In der KLAR!-Region Pongau werden bis 2020 elf Maßnahmen umgesetzt, um Chancen zu erkennen und neue Optionen zu nutzen, die der Klimawandel mit sich bringt. Die Schwerpunkte liegen hierbei in den Bereichen Tourismus, der damit verbundenen Mobilität, im Sektor Bauen und Wohnen sowie in der Bewusstseinsbildung zur Thematik Klimawandelanpassung.

Zukunftsfähige Tourismus-Strukturen

Die Maßnahme „Super-Klima-Tourismus“ bringt Akteurinnen und Akteure aus der Region zusammen. Das Ziel ist, ein Umdenken in Richtung Forcierung eines nachhaltigen Sommer- bzw. Ganzjahrestourismus anzustoßen. Außerdem soll die Nutzung der durchgehenden, umsteigefreien Bahnanbindung in die Region verstärkt für die Erstellung neuer Tourismusangebote genutzt werden. Im Rahmen eines Frühstücks Ende November wird es zu einem ersten Austausch zwischen den Touristikerinnen und Touristikern aus dem Pongau, der KLAR-Region Pongau sowie dem Regionalverband und LEADER Lebens.Wert.Pongau kommen.

Im Zusammenhang mit dieser Maßnahme steht das Thema „Klima-Mobil-Pongau“. Hierbei werden gefährdete Gemeindestraßen identifiziert und Maßnahmenpläne für den Umgang mit Risiken auf Gemeindeebene erstellt. Zudem liegt noch ein Schwerpunkt in der zukunftsfähigen Angebotslegung für die An- und Abreise neuer Gästegruppen („Hitze-Flüchter“).

Die Maßnahme „Klima-Wege-Pongau“ thematisiert unter anderem den Schutz sowie die Beobachtung der Wegeinfrastruktur. Zusätzlich wird die Informationsbasis über Gefährdungspotenziale verbessert, insbesondere hinsichtlich touristischer Infrastruktur und Verkehrswege.

Die Planung der unterschiedlichen Maßnahmen beruht unter anderem auf den Ergebnissen der „Klima-Risiko-Analyse“, die im Oktober in die zweite Runde geht. Dabei handelt es sich um ein gefördertes Beratungs- und Begleitprogramm des Landes Salzburg, das gemeinsam mit dem Beratungsunternehmen alpS und der KLAR!-Region durchgeführt wird. Dabei werden klimawandelinduzierte Ereignisse und die vom Klimawandel betroffenen Sektoren in den jeweiligen Gemeinden genauer unter die Lupe genommen.

Für die erfolgreiche Umsetzung der Maßnahmen bedarf es einer interessierten und bewussten Bevölkerung. In diesem Zusammenhang wird Ende Oktober bei LEADER ein Projekt mit dem Titel „Klima, was nun? Das kann ich tun!“ eingereicht. Im Zuge des Projekts sollen Lernunterlagen zum Thema Klimawandelanpassung für die 4. Klassen der Volksschulen erstellt werden. Zudem sind gemeinsam mit dem Bildungswerk Salzburg Ringvorträge für die KLAR!-Gemeinden geplant. Die Themen dieser Vorträge werden individuell auf die Gemeinde abgestimmt und sollen ein breites Publikum auf die Thematik Klimawandel und Klimawandelanpassung sensibilisieren.

Steckbrief KLAR! Pongau:

Mitglieder: 7 Gemeinden

Fläche: 434 km²

Bevölkerung: 21.378

Ansprechperson: Nadine Guggenberger, MSc

KLAR! Terra Future: Kühle Orte in heißen Zeiten – drinnen und draußen

Faaker See Kärnten

Einer der Schwerpunkte der KLAR! Region „Terra future“ am Faaker See in Kärnten ist die Belebung des Sommertourismus. Den Klimawandel kann man nicht nur am Anstieg der Lufttemperaturen, sondern auch an den steigenden Temperaturen der Badeseen messen. Darüber hinaus haben auch die Sonnenstunden zugenommen.

Zugang zu kühlen Plätzen schaffen

Eine Maßnahme der KLAR! Region „Terra future“ verschafft touristischen Betrieben einen detaillierten Zugang zu den aktuellen und zukünftigen Klimadaten. Beispielsweise ist bekannt, dass pro Grad gestiegener Lufttemperatur die Temperatur der Badeseen um 0,8°C steigt. Des Weiteren ist geplant, sogenannte „Fluchträume“ vor Hitzewellen zu schaffen. Daher werden in den Gemeinden „kühle Wanderwege“ ausgeschildert, um das kühlere Mikroklima der Karawanken zu nutzen.

Hitzeschutz an Gebäuden forcieren

Ein weiterer Schwerpunkt der Region ist die Schaffung von klimafitten Gebäuden. Informationsangebote zu verschiedenen Themen sind geplant, beispielsweise Beratungen zu passiven Kühlsysteme, die nahezu keine Energie verbrauchen, sowie über das Thema der Keimbildung im Kaltwasser von Trinkwasserleitungen. Bei Erwärmung des Kaltwassers in Gebäudeinstallationen gedeihen unerwünschte Keime besonders gut – dies gilt es zu verhindern. Mittlerweile haben viele Bürgerinnen und Bürger bereits ein persönliches Ereignis, das sie mit dem Klimawandel in Verbindung bringen können. War Jahrzehnte lang der Klimawandel ein theoretisches, akademisches Thema, so ist der Klimawandel nun auch in den Köpfen der Bevölkerung angekommen. Klimaskepsis ist in der Region kaum noch wahrzunehmen.

Steckbrief KLAR! Terra Future:

Informationen zum KLAR!-Programm

Der Klima- und Energiefonds hat 2016 gemeinsam mit dem BMNT ein europaweit einzigartiges Förderprogramm ins Leben gerufen, das österreichische Regionen dabei unterstützt, sich als Klimawandel-Anpassungs-Modellregionen (KLAR!) auf die Folgen des Klimawandels vorzubereiten. Im ersten Schritt erstellten die KLAR!-Regionen ein Anpassungskonzept mit zehn regional zugeschnittenen Maßnahmen. Nun starten die Regionen mit der Umsetzung der geplanten Maßnahmen. Die KLAR!-Serviceplattform begleitet die Regionen bei diesem Anpassungsprozess und berät die Regionen inhaltlich, stellt Informationen bereit und organisiert Vernetzungstreffen. Nähere Informationen zum KLAR!-Programm und zu den teilnehmenden Regionen finden Sie unter www.klar-anpassungsregionen.at.  (AS, Okober 2018)