Wie durch Anpassung das Aussterberisiko von Arten reduzieren?

Wie wirkt sich die Temperaturerwärmung auf die potentiellen Verbreitungsgebiete der Tier- und Pflanzenarten aus? Welche Strategien tragen in unseren stark fragmentierten Landschaften dazu bei das Aussterben einzelner Artbestände zu vermeiden? Diesen Fragen geht das Forschungsprojekt SPEC-Adapt nach und leitet daraus Empfehlungen für NaturschutzmanagerInnen ab.

Die sich ändernden klimatischen Bedingungen führen dazu, dass sich die möglichen Verbreitungsgebiete von Tier- und Pflanzenarten verändern. In unseren stark fragmentieren Landschaften ist es jedoch fraglich, in welchem Umfang die einzelnen Populationen wandern und neue geeignete Lebensräume erschließen können. Über den klimatischen Einfluss auf mögliche zukünftige Verbreitungen bzw. Entwicklungschancen für einzelne Arten gibt es in Österreich bisher nur wenig konkretes Wissen. In vom Klima- und Energiefonds finanzierten Projekt SPEC-Adapt (Climate change driven species migration, conservation networks, and possible adaptation strategies) wurde nun die zukünftig zu erwartende Verbreitungsdynamik von 60 ausgewählte Gefäßpflanzen-, Heuschrecken- und Schmetterlingsarten der Ostalpen (Ö, CH, Bayern, Baden–Württemberg, Südtirol) erarbeitet. Ziel war es sowohl die Größe als auch die Lage (z.B. Anteil der Flächen in Schutzgebieten) der zukünftigen Verbreitungsgebiete darzustellen. Darüber hinaus wurde vom Projektteam untersucht, ob und wie unterschiedliche Maßnahmen zur Vermeidung eines klimawandelbedingten Arealverlusts langfristig wirken.

Gefäßpflanzen-, Heuschrecken- und Schmetterlingsarten im Klimawandel

Für SPEC-Adapt wurden Arten ausgewählt, für deren derzeitige Verbreitung eine ausreichende Datengrundlage vorhanden ist und die unterschiedliche ökologische Verhaltensweisen gut abbilden. Die ausgewählten Tier- und Pflanzenarten sind daher durch unterschiedliche ökologische Eigenschaften (wie Ausbreitungsdynamik, Reproduktionsraten, Generationen pro Jahr, Mortalitätsraten, Nahrungsspektren oder Habitatbindung) charakterisiert. Das heißt auch, dass sie verschiedene Lebensräume besiedeln bzw. unterschiedliche Ansprüche an ihren Lebensraum stellen.

Um die heutige und zukünftige Verbreitung zu untersuchen, diente in SPEC-Adapt neben aktuellen Verbreitungsdaten daher auch eine GIS-Landbedeckungskarte mit unterschiedlichen Lebensräumen des gesamten Untersuchungsraums (Auflösung 100x100 Meter) als Grundlage. Für alle Arten wurden Habitateignungskarten erstellt, die die potentielle räumliche Verbreitung unter Berücksichtigung von ökologischen Eigenschaften darstellen.

Für die Darstellung der zukünftig zu erwartenden Verbreitung sind die neuesten IPCC-Klimaszenarien eingeflossen (siehe Abbildung). Unter Berücksichtigung des derzeitigen und zukünftigen Klimas sowie der artspezifischen Eigenschaften und der räumlichen Komponente (Habitateigenschaften, Wanderwiderstände, Schutzgebietsgrenzen) wurde ein dynamisches Modell entwickelt. Dadurch kann räumlich dargestellt werden, wie sich die Verbreitungsgebiete bis 2100 verändern und ob die Arten mit dem Klimawandel Schritt halten können.

Derzeitige und zukünftige klimatische Vorkommenswahrscheinlichkeit (dargestellt für jede Dekade des 21. Jahrhunderts) von Türks Dornschrecke (Tetrix tuerki). Ein deutlicher Rückgang durch den Klimawandel (Klimaszenario A1B) ist ersichtlich. Die Ergebnisse zeigen vor allem dann einen deutlichen Rückgang der Populationen, wenn von starken klimatischen Veränderungen ausgegangen wird. Für einen wesentlichen Teil der untersuchten Arten ist sogar das Aussterberisiko bis Ende des 21. Jahrhunderts sehr hoch.
Derzeitige und zukünftige klimatische Vorkommenswahrscheinlichkeit (dargestellt für jede Dekade des 21. Jahrhunderts) von Türks Dornschrecke (Tetrix tuerki). Ein deutlicher Rückgang durch den Klimawandel (Klimaszenario A1B) ist ersichtlich. Die Ergebnisse zeigen vor allem dann einen deutlichen Rückgang der Populationen, wenn von starken klimatischen Veränderungen ausgegangen wird. Für einen wesentlichen Teil der untersuchten Arten ist sogar das Aussterberisiko bis Ende des 21. Jahrhunderts sehr hoch.

Strategien zur Vermeidung von Arealverlusten und des Aussterberisikos

Welche Naturschutzmaßnahmen können gegen dieses erwartete Aussterberisiko durch den Klimawandel gesetzt werden? In SPEC-Adapt wurden drei Strategien zur Reduzierung der Arealverluste und des Aussterberisikos geprüft, und zwar: die „Erweiterung von Schutzgebieten“; die „Verbesserte Durchlässigkeit durch ökologische Korridore“ und die „Verbesserte Habitatqualität“ in ungeschützten Flächen. In der Ermittlung der räumlichen Vorkommenswahrscheinlichkeit, wurde die heutige Landbedeckungskarte durch diese drei Szenarien ersetzt.

Die Ergebnisse zeigen ein eher ernüchterndes Bild. Das Aussterberisiko durch den Klimawandel bleibt für die meisten der untersuchten Arten trotz der evaluierten Strategien hoch. Die gewählten Naturschutzmaßnahmen waren am stärksten wirksam für Arten der tiefen Lagen, während sie für Arten der Hochlagen der Alpen nur eine geringe Wirksamkeit aufwiesen, da dort der Anteil umwandelbarer Matrixlebensräume gering war. In Summe konnten durch die Naturschutzmaßnahmen die Arealverluste jedoch nur teilweise reduziert werden. Die drei Naturschutzszenarien unterschieden sich in ihrer Wirkung nicht maßgeblich, wie erwartet nahm jedoch die Effektivität der Naturschutzmaßnahmen mit dem Ausmaß der verbesserten Lebensraumfläche zu. Die SPEC-Adapt Ergebnisse weisen jedoch deutlich darauf hin, dass die langfristig zu erwarteten Auswirkungen des Klimawandels auf die Biodiversität sehr besorgniserregend sind.

Weiterführende Informationen:

Projektleitung: Dr. Franz Essl, Umweltbundesamt

Projektpartner: VINCA & Universität Wien

Projektlaufzeit: 1.6. 2013-18.12.2015