ClimAccount: Klimapolitik und Menschenrechte — Wie verträgt sich das?
Man möchte meinen, Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel seien durchwegs positiv. Es zeigt sich jedoch, dass klimapolitische Maßnahmen oftmals nicht so nachhaltig sind und auch Menschenrechte bedrohen können. Das Projekt ClimAccount hat sich diesem Problem gewidmet.
Der Klimawandel bedroht Menschenrechte. Hitze, Dürren, Überschwemmungen führen in vielen Regionen der Welt unmittelbar dazu, dass Menschen ihre natürlichen Lebensgrundlagen verlieren. Aber nicht nur der Klimawandel und seine Auswirkungen sondern auch klimapolitische Maßnahmen, d.h. Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel, können sich negativ auf Menschenrechte, wie das Recht auf Nahrung, Wasser oder Wohnung, auswirken. In manchen Fällen kann es sogar zur Vertreibung, Abwanderung oder Umsiedlung von Menschen kommen. Lange Zeit wurden menschenrechtliche Überlegungen im Klimadiskurs nicht mitberücksichtigt. Im Klimaabkommen von Paris 2015 wurden Menschenrechte erstmals in der Präambel angeführt. Demnach sollen die Vertragsstaaten bei Umsetzungsmaßnahmen Menschenrechte respektieren und fördern. Dies sind allerdings nur erste Schritte zu einer angemessenen Verankerung von Menschenrechten in der globalen Klimapolitik.
Menschenrechtsverletzungen im Kontext klimapolitischer Maßnahmen
Das vor kurzem abgeschlossene Projekt ClimAccount hat versucht, die komplexe Beziehung zwischen klimapolitischen Maßnahmen, Menschenrechten und Migration zu erforschen und die menschenrechtliche Verantwortung von negativen Folgen klimapolitischer Maßnahmen der EU und von Österreich zu analysieren. Das Projekt wurde vom Klima- und Energiefonds gefördert und im Rahmen des "ACRP" Programms durchgeführt. Geleitet wurde es vom Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte, wissenschaftliche Kooperationspartner waren das Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie GmbH und die Forschungseinheit Transnationalisierung, Entwicklung und Migration der Fakultät für Soziologie der Universität Bielefeld.
Das zentrale Element des Projekts stellten drei Fallstudien dar: das Barro Blanco Staudammprojekt in Panama, der Bujagli Damm in Uganda und das Olkaria Geothermal Projekt in Kenia. Alle drei Projekte wurden im Rahmen des Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung (Clean Development Mechanism) des Kyoto Protokolls registriert. Dieser ist einer von drei vom Kyoto-Protokoll vorgesehenen flexiblen Mechanismen zur Reduktion von Treibhausgasemissionen.
Im Zuge von ClimAccount wurde untersucht, welche menschenrechtlichen Auswirkungen diese drei Projekte nach sich ziehen. Dabei lag der Fokus auf Vertreibungen und anderen Migrationsbewegungen als Folge der Maßnahmen. Ziel war es, insbesondere die menschenrechtlichen Problemfelder aufzuzeigen und vor allem die extraterritorialen Verpflichtungen der EU und ihrer Mitgliedstaaten zu untersuchen. In vielen Fällen sind nämlich europäische Staaten an der Finanzierung solcher Projekte beteiligt.
Die Recherchen haben gezeigt, dass Menschenrechte in der internationalen Klimapolitik unzureichend berücksichtigt werden. Obwohl ein Kernziel des Mechanismus die Förderung der nachhaltigen Entwicklung in den Gastländern ist, fehlen weitgehend klare Richtlinien und Kriterien für eine nachhaltige Entwicklung oder die Einbindung von lokalen Stakeholder/-innen. So bleibt dieser Aspekt bei der Umsetzung der Projekte oft unberücksichtigt wie auch in den drei Fallbeispielen. Die Einbindung der betroffenen Bevölkerung während des gesamten Projektverlaufs ist sehr wichtig für den Schutz der Menschenrechte.
Gerade bei der Umsiedlung von Personen im Zuge von klimapolitischen Projekten ist es wichtig, Menschenrechtsverpflichtungen zu erfüllen. Insbesondere für indigene Völker ist dies ein sehr heikles Thema, da es ihnen mehr als um Besitz geht sondern in vielen Fällen auch spirituelle Elemente mitspielen. In dem Fallbeispiel aus Panama wurde die lokale Bevölkerung von Beginn an nur unzureichend eingebunden und trotz drohender Flutungen von Gebieten kam es bis heute nicht zu einer Einigung mit der Bevölkerung. Diese wehrt sich nach wie vor gegen eine Umsiedlung.
Als ein wesentliches Endergebnis von ClimAccount wurde ein Leitfaden (policy brief) verfasst, welcher Empfehlungen in den Bereichen der Regulierung der CO2-Märkte und der Finanzierung von Klimaprojekten zusammenfasst. Die Umsetzung dieser Empfehlungen durch die EU und ihre Mitgliedstaaten würde einen wichtigen Schritt zur Erfüllung des Pariser Abkommens – keine Menschenrechtsverletzungen durch die Umsetzung von Klimapolitik – bedeuten. (Dezember 2016)
Weiterführende Informationen:
Kurztitel: ClimAccount
Langtitel: Menschenrechtliche Verpflichtungen der EU und Österreich für klimapolitische Maßnahmen in Drittstaaten und ihre möglichen Auswirkungen auf Migrationsbewegungen
Programm: ACRP Klima- und Energiefonds 6th Call
Dauer: 3/2014 – 6/2016
Koordinator/-in / Projekteinreicher/-in: Ludwig Boltzmann Institut Menschenrechte
Kontaktperson: Monika Mayrhofer
Projekt- und KooperationspartnerInnen: Universität Bielefeld (Fakultät für Soziologie), Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie
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