Kohlenstoff-Rechner macht Auswirkungen der Bodenbewirtschaftung auf die Humusdynamik sichtbar

Trockenperioden, Hagel und Starkregenereignisse nehmen aufgrund des Klimawandels zu und verursachen Ertragsrückgänge in der Landwirtschaft. Der gezielte Aufbau von Humus stabilisiert die Bodenfunktionen und kann Ertragseinbußen durch extreme Witterungsverhältnisse verringern. Gleichzeitig trägt die Humusschicht zum Klimaschutz bei, indem sie Kohlenstoff bindet. Der Austrian Carbon Calculator – ein Kohlenstoff-Rechner für landwirtschaftlich genutzte Böden – macht den Einfluss von  Bewirtschaftungsformen und Klimaänderungen auf die Humusversorgung sichtbar.

Ein ausreichender Humusgehalt ist entscheidend für die Produktivität landwirtschaftlich genutzter Böden. Humus, bzw. die organische Substanz des Bodens, erfüllt vielfältige Funktionen: Er verleiht Böden eine bessere Speicher- und Pufferkapazität für Wasser und Nährstoffe, zudem ist er Lebensraum für zahlreiche Bodenorganismen. Neben der Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit kommt dem Humus noch eine weitere bedeutende Rolle zu: Böden sind die größten terrestrischen Kohlenstoffspeicher. Die langfristige Bindung von Kohlenstoff in der organischen Bodensubstanz trägt zur Verringerung des Treibhausgaseffekts und damit zum Klimaschutz bei.

Welche Faktoren haben Einfluss auf den Humusgehalt?

Der Humusumsatz, und damit auch die Kohlenstoffdynamik eines Standortes, sind vom Klima, vom Boden und von der Bewirtschaftung abhängig. So führen etwa der langjährige Anbau von Hackfrüchten (Mais, Kartoffeln, Zuckerrübe etc.), intensive Bodenbearbeitung und Abfuhr von Ernterückständen zum Abbau der organischen Bodensubstanz. Humusfördernde Maßnahmen hingegen sind die Ausbringung von Wirtschaftsdüngern (besonders Festmist mit Einstreu), Kompostgaben, schonende bzw. nicht wendende Bodenbearbeitung, das Verbleiben der Ernterückstände am Feld, Ackerfutterbau und Begrünungen mit möglichst langer Vegetationsdauer.

Kohlenstoff-Rechner für landwirtschaftlich genutzte Böden

Im Rahmen des vom Klima- und Energiefonds geförderten Projekts „Austrian Carbon Calculator“ wurde ein einfach anzuwendender Kohlenstoff-Rechner entwickelt. Er zeigt Landwirtinnen und Landwirten, wie sich die Art der Bodenbewirtschaftung auf die Humusversorgung der Böden auswirkt. Berücksichtigt werden dabei Einflussfaktoren wie Fruchtfolge, Düngung, Bodenbearbeitung, Bewässerung und Zwischenbegrünung der jeweiligen Ackerflächen, die lokale Bodenart sowie das aktuelle und künftige Klima.

Auch die Effekte geplanter Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel können mit dem Kohlenstoff-Rechner getestet werden. Er unterstützt in der Landwirtschaft Tätige dabei, ihre Bewirtschaftungspraxis zu überprüfen, Szenarien für die Humusversorgung ihrer Äcker zu erstellen und gezielte Maßnahmen zum Humusaufbau zu setzen.

Benutzermodelle für regionale und lokale Anwendung

Entwickelt wurde der Kohlenstoff-Rechner zunächst für zwei Regionen in Österreich, das Mühlviertel und das Marchfeld (siehe Abbildung 1). Die unterschiedlichen Bewirtschaftungsformen und ihre Auswirkung auf die Humusversorgung werden in Form von Karten dargestellt. Damit ist der Kohlenstoff-Rechner für landwirtschaftliche Betriebe, Beraterinnen / Berater und Behörden ein wertvolles Hilfsmittel, da er zukünftige Entwicklungen lokal und auf regionaler Ebene anzeigt. Bisherige Klimaentwicklungen sowie prognostizierte Klimaveränderungen werden bei allen Eingaben mitkalkuliert.

Karte der Testregionen Mühlviertel und Marchfeld
Testregionen Mühlviertel und Marchfeld
  • Die lokale bzw. schlagspezifische Anwendung des Kohlenstoff-Rechners wurde für Landwirtinnen und Landwirte entwickelt. Sie ermöglicht, die Humusversorgung der Böden durch ihre Bewirtschaftung abzuschätzen. Lokale Bewirtschaftungsdaten können auf der Ebene einzelner Äcker anlegt werden. Fruchtfolgen und weitere Bewirtschaftungsaspekte wie z.B. Fruchtart, Ertrag, Abfuhr der Ernterückstände, organische Dünger, Begrünung sowie wendende oder nicht wendende Bodenbearbeitung werden mit einbezogen. Unter Berücksichtigung von Bodenart, Temperatur und Niederschlag wird ein Indikator zur Bewertung der Humusbildung berechnet.
  • Für die regionale Anwendung wurden Karten der Testregionen Mühlviertel und Marchfeld erstellt. Diese Karten liefern Informationen zur Boden-Kohlenstoff-Dynamik bei aktueller regionsspezifischer Nutzung  sowie  bei künftigen Änderungen von Bewirtschaftungs- und klimatischen Faktoren. Für die Modellierung wurde ein Zeithorizont bis 2050 ausgewählt. Bewirtschaftungsänderungen werden im Vergleich der Zeitbereiche 1980 - 2010 mit 2011 - 2050 dargestellt (siehe Abbildung 2).

Bei beiden Ansätzen wird der Kohlenstoff-Reproduktionsindex (Crep) berechnet, der den Kohlenstoff-Input in das System angibt.

Karte mit Beispiel für die Auswirkung von Anpassungsmaßnahmen in der Bewirtschaftung auf die Humusversorgung
Beispiel für die Auswirkung von Anpassungsmaßnahmen in der Bewirtschaftung auf die Humusversorgung

Weitere Projektergebnisse

Eine Kernaussage des Modells ist, dass sich durch höhere Temperaturen und gleichbleibende Niederschlagverhältnisse der Boden-Kohlenstoff-Umsatz erhöht. Dadurch wird ein höherer Anteil des Humusvorrats mineralisiert. Um das aktuelle Niveau der Humusversorgung aufrecht zu erhalten bzw. zu verbessern, muss mehr organische Substanz zugeführt werden (Ernterückstände, Begrünungen, Feldfutter) und mineralisierende Prozesse (Bodenbearbeitung) müssen verringert werden. Humusaufbauende Prozesse sind für eine Stabilisierung des Boden-Kohlenstoff-Gehalts langfristig beizubehalten. Auch die Fruchtfolge spielt eine Rolle: So wirkt sich z.B. der Anbau von Ackerfutter (Kleegras) positiv auf die Humusversorgung aus.

Der Boden-Kohlenstoff-Rechner sowie weitere Informationen zum Projekt „Austrian Carbon Calculator“ sind online auf der Projektwebsite  abrufbar. (Juni 2016)

Weiterführende Informationen:

Projektleitung: Mag. Katrin Sedy, Umweltbundesamt; Wien

Projektpartner:

Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES); Wien

Helmholtz Zentrum für Umweltforschung (UFZ); Deutschland, Leipzig

Bodenschutzberatung der Landwirtschaftskammer Oberösterreich (BSB LK OÖ); Oberösterreich

Universität für Bodenkultur (BOKU); Wien

Projektlaufzeit:  März 2012 – August 2015

Projektwebsite