Renaturierung von Hochmooren

Hochmoore geraten durch ausbleibende Niederschläge aufgrund des Klimawandels zusätzlich unter Druck. Das Land Niederösterreich und das Schutzgebietsnetzwerk NÖ unterstützen den Naturschutzbund bei der Renaturierung von Hochmooren im Waldviertel und in Südböhmen.

Bereits heute sind 60 % der noch bestehenden rund 600 Hochmoore Österreichs durch Entwässerung für die landwirtschaftliche Nutzung, Aufforstung, Torfabbau oder Verbauung in ihrem Wasserhaushalt gestört. Die rund 4.000 Hektar österreichischer Regenmoore sind zu 95 % den Hochmooren zuzurechnen. Ihr Wasserhaushalt hängt fast ausschließlich von Regenfällen ab. Daher stellt der Klimawandel durch die vorausgesagten Temperaturanstiege gekoppelt mit sommerlichen Niederschlagsrückgängen vor allem für die Hochmoore einen zusätzlichen Stressfaktor dar. Die Mehrheit aller Moorgebiete wird bis 2050 einem zunehmenden Trockenheits- und Hitzestress ausgesetzt sein. Hochmoore mit einer intakten Wasserversorgung reagieren weniger vulnerabel auf längere Trockenperioden als bereits in ihrem Wasserhaushalt gestörte Hochmoore.

Der schlechte Zustand vieler Hochmoore im Waldviertel und in Südböhmen wurde auf Initiative des Naturschutzbundes mit Unterstützung von Land Niederösterreich und dem Schutzgebietsnetzwerk NÖ zum Anlass genommen, Pflegemaßnahmen in Angriff zu nehmen. Expertinnen und Experten aus Naturschutz, Wildtierökologie und Regionalplanung arbeiten grenzüberschreitend unter anderem mit einem Schwerpunkt auf der Erstellung von Moorkonzepten und praktischen Renaturierungsmaßnahmen.

ConNat AT-Z

Das grenzüberschreitende Projekt „Crossborder Habitat Network and Management – Connecting Nature AT-CZ (ConNat AT-CZ)“ setzt mehrere Arbeitspakete zur großräumigen Lebensraumvernetzung zwischen dem Waldviertel und Südmähren um. Ein Ziel ist es, der Degradierung der Moore im gemeinsamen Landschaftsraum entgegenzutreten. Neben der Erstellung von Moorentwicklungskonzepten und einer Moorschutzdatenbank sowie der Erstellung einer Renaturierungsstrategie, werden konkrete Umsetzungskonzepte für sieben Moore im Waldviertel und drei Moore in Tschechien erarbeitet. Die aktive Umsetzung der Moorrenaturierung wird für vier Moore in Angriff genommen. Ein erster Schritt waren Pflegemaßnahmen im Rahmen eines Moor-Workcamps im Oktober dieses Jahres, bei dem eingewanderte Gehölze entfernt wurden.

Heidenreichsteiner Moor
Heidenreichsteiner Moor

Hochmoore leisten viel – auch als CO2-Speicher

Hochmoore erfüllen als komplexe Lebensräume vielfältige Funktionen: Der Torf nimmt Wasser auf, gibt ihn zeitverzögert an die Umgebung ab und wirkt so regulierend auf den Wasserhaushalt. So werden Auswirkungen von Starkregen abgemildert und die Hochwassergefahr vermindert. In Trockenperioden wirken sie durch die Verdunstung des Wassers ausgleichend auf das Klima der Umgebung.

Hochmoore leisten auch einen Beitrag zum Trinkwasserschutz, indem dem Wasser Nähr- und Schadstoffe, vor allem Stickstoff, Phosphor und Spurenelemente wie Blei, Kupfer und Mangan entzogen werden.

Ein durchschnittliches Moor in Österreich (Hochmoore und Niedermoore) speichert in den oberen 0–50 cm Boden rund vier LKW-Ladungen (150 Tonnen) CO2 pro Hektar und damit mehr als jedes andere Ökosystem. Abgestorbenes Pflanzenmaterial in Mooren wird aufgrund von Dauer-Nässe und Sauerstoffmangel nicht abgebaut sondern konserviert. Durch die Speicherung von CO2 als Torf wirken Moore langfristig als Kohlenstoffsenke dem Klimawandel entgegen.

Moore haben aufgrund ihrer Ästhetik, Einzigartigkeit und Seltenheit einen hohen Erholungswert und können so bei umsichtiger Besucherlenkung einen Beitrag zu einem nachhaltigen Tourismus leisten.

Moore dienen zahlreichen hochspezialisierten und gefährdeten Tier- und Pflanzenarten als Rückzugsgebiete. Hier finden sich besonders Arten, die an die extremen Bedingungen im Lebensraum Moor wie niedrigen pH-Wert, Nährstoffmangel oder hohen Wasserspiegel angepasst sind. Ein Großteil der Moorbewohner ist aufgrund seiner Seltenheit  in der Roten Liste vertreten.

Schutz und Gefährdung von Mooren in Österreich

In Österreich sind fast 90 Prozent der noch im 19. Jahrhundert vorhandenen Moorflächen zerstört. Die derzeit noch vorhandenen Moorflächen sind in den meisten Bundesländern ex lege geschützt, ihre Zerstörung ist strengstens verboten. Moore sind als natürliche Lebensräume von gemeinschaftlichem Interesse auch im Anhang II der Fauna-Flora-Habitatrichtlinie der Europäischen Union enthalten.

Störungen und Nutzungen der bestehenden Moore bedingen eine Entwässerung der Moore und verursachen Treibhausgase. Veränderungen des Wasserhaushalts von Mooren durch den Klimawandel könnten zusätzlich dazu führen, dass sich die Lebensbedingungen für Pflanzen innerhalb der bestehenden Moorflächen kleinräumig verändern. Zentrale offene Moorbereiche drohen zu verwalden und würden ihren Wasserhaushalt zusätzlich belasten. Neu zuwandernde und für Moore untypische Arten könnten besonders Hochmoor-Spezialisten verdrängen. Neben den negativen Folgen des Klimawandels für die Klimabilanz der Hochmoore und ihre Speicherfähigkeit für CO2 kann der Klimawandel die Artenzusammensetzung der Moore und damit die Artenvielfalt des gesamten Alpenraums negativ beeinflussen.

Wollgras Blüten
Wollgras Blüten

Klimaschutz und Klimawandelanpassung

Die Renaturierung von Hochmooren hat das Potenzial, in vielerlei Hinsicht sinnvollen Nutzen zu stiften. Eine Studie des WWF Österreich in Zusammenarbeit mit den Österreichischen Bundesforsten und dem Umweltbundesamt aus dem Jahr 2011 betont eindringlich den Nutzen der Wiederherstellung natürlicher Bedingungen in Hochmooren. Demnach ist Moorschutz unter anderem eine der kostengünstigsten Klimaschutzmaßnahmen, die mit einfacher Technologie große Wirkung erzielen kann. Die Beseitigung bestehender Drainagen wäre etwa eine wichtige Präventionsmaßnahme gegen die Austrocknungsgefahr und dient neben dem Klimaschutz auch dem Erhalt der Artenvielfalt. Das Entfernen von eingewanderten Bäumen und Büschen, wie beispielsweise im Rahmen des grenzüberschreitenden Projekts ConNat AT-CZ, trägt dazu bei, den natürlichen Zustand wiederherzustellen.

Durch den Erhalt intakter und die Renaturierung gestörter Moore wird nicht nur der Kohlenstoffvorrat gebunden, sondern profitieren auch der Hochwasser- und der Trinkwasserschutz, die Artenvielfalt und der nachhaltige Tourismus. Neben einem wertvollen Beitrag zum Klimaschutz werden auch Klimawandelanpassungsmaßnahmen durch Schutz und Wiederherstellung von Hochmooren unterstützt. (IK, Dezember 2019)