Private Forest Adapt

Nicht nur das Klima wandelt sich: auch das Verhältnis von KleinwaldbesitzerInnen zu ihrer grünen Ressource hat sich merklich geändert. Forst- und SozialwissenschafterInnen untersuchen die möglichen Folgen dieser Parallelentwicklung für den Wald in 50 Jahren.

54% des österreichischen Waldes sind „Kleinwald“

Mehr als die Hälfte der Waldfläche gehört WaldbesitzerInnen, deren Eigentum maximal 200 Hektar Wald umfasst. Allein ein Fünftel des heimischen Waldes setzt sich aus Eigentum unter fünf Hektar zusammen, aufgeteilt auf über 120 000 BesitzerInnen mit recht unterschiedlichen Zugängen und Ansprüchen an ihr Stück Wald. Dies ist die Zielgruppe des vom Waldforschungszentrum (BFW) geleiteten Forschungsprojektes Private Forest Adapt.

Kleinwaldbewirtschaftung: vom Nahverhältnis zur Fernbeziehung

Projektleiter Robert Jandl und das interdisziplinäre Team von ExpertInnen des BFW, der BOKU und der TU München gehen davon aus, dass sich die obengenannte Zielgruppe vom WaldeigentümerInnen mit mehr Grund unterscheidet, vor allem durch eine zunehmende Distanz zum eigenen Waldbesitz. Dies auch im wörtlichen, aber vor allem im beruflichen, fachlichen und ökonomischen Sinn. Zugleich schwindet die Erreichbarkeit für einschlägige Informations- und Weiterbildungsangebote. All diese Umstände können die nachhaltige Pflege der Kleinwaldflächen beeinträchtigen, umso mehr, als der Klimawandel eine zeitgerechte und sachkundige Neuausrichtung des Waldbaus erfordert – im eigenen und gesellschaftlichen Interesse. 

Zurück in die Zukunft – der Wachstumssimulator

Um ihre Hypothesen zu prüfen und mehr über Motivation und Ziele der „neuen WaldbesitzerInnen“ zu erfahren, kombinierten die WissenschafterInnen in ihrem vom Klima- und Energiefonds (ACRP) geförderten Projekt natur- und wissenschaftliche Ansätze. Einer davon war die direkte Befragung der Betroffenen: über 900 KleinwaldbesitzerInnen nahmen an einem web-basierten choice experiment teil, mit dem sich die ökonomischen und ökologischen Präferenzen einer Zielgruppe feststellen lassen. Hierzu wurde den Testpersonen ein Hektar virtuellen Waldes überantwortet, zusammen mit ausführlichen Erklärungen, wie sich der dzt. 40jährige Bestand bei verschiedenen Strategien der Waldbehandlung in den nächsten 50 Jahren entwickeln würde.

Virtuelles Forstmanagement offenbart drei Managementtypen

Die Eigentümer der virtuellen Waldstücke wurden vor die Wahl zwischen drei Managementvarianten gestellt. Als Entscheidungshilfe wurden sie über die voraussichtlichen Kosten der jeweiligen Maßnahmenbündel informiert. Außerdem konnten sie unmittelbar einen Blick auf den voraussichtlichen Zustand ihres virtuellen Waldes in 50 Jahren werfen. Die Befragten erhielten außerdem die Möglichkeit, ihre Entscheidung unter veränderten Investitions- und Ertragsbedingungen zu revidieren. Das ermöglichte dem ExpertInnenteam abzuschätzen, wie stark wirtschaftliche Überlegungen die Waldbewirtschaftung beeinflussen. Im Experiment kristallisierten sich drei Typen von KleinwaldbesitzerInnen heraus: 1. der Nutzungsorientierte, 2. der Erholungssuchende und 3. der Traditionsbewusste. Die meisten (60%) der TeilnehmerInnen lassen sich als „nutzungsorientiert“ beschreiben, 30% als „erholungssuchend“ und nur ein Zehntel zählt zum Typ des vorwiegend „Traditionsbewussten“.

Nur eine Minderheit lässt der Klimawandel kalt

Verschiedene Managementtypen haben unterschiedliche Auswirkungen auf den Wald. Ein Charakteristikum des „Traditionsbewussten“ sei herausgegriffen: unabhängig von seiner Position zum Klimawandel lässt er sich bei Entscheidungen der Waldbehandlung nicht vom Klimawandel beeinflussen, weil er keine nennenswerten Auswirkungen erwartet. Ob das auch damit zu tun hat, dass dieser Managementtyp lt. Studie sich seltener tatsächlich in seinen Wald begibt als die „Nutzen-“ oder „Erholungsorientierten“ sei dahingestellt.

Die Autoren der Studien sehen dringenden Handlungsbedarf beim Ansprechen und Erreichen der KleinwaldbesitzerInnen. Diese Herausforderung ist seit langem bekannt. In der Studie wurde aber deutlich, dass der Appell an das Verantwortungsbewusstsein und die Naturverbundenheit wichtiger ist als eventuell erzielbare finanzielle Gewinne aus den kleinen Waldflächen. (Dezember 2015)

Weiterführende Informationen:

Projektleitung: Institut für Waldökologie und Boden des Bundesforschungszentrums für Wald (BFW)

Projektpartner:

  • Institut für Landschaftsentwicklung, Erholungs- und Naturschutzplanung (ILEN) und
  • Institut für Meteorologie (BOKU-Met) der Universität für Bodenkultur (BOKU)
  • Technische Universität München (TUM)

Projektlaufzeit: 2013 bis 2015, 24 Monate