SPECIFIC: Forschungsprojekt zu Klimawandel und UVP

Klimawandelfolgen in einer möglichst zeitigen Projektplanungs- und Entwicklungsphase von UVP-Verfahren berücksichtigen: Dazu möchte das Forschungsprojekt SPECIFIC einen wesentlichen Beitrag leisten. Ziel dabei ist es, die Verwundbarkeit von Projekten und projektrelevanten Schutzgütern gegenüber den Folgen des Klimawandels möglichst gering zu halten und die Anpassungsfähigkeit frühzeitig zu stärken.

Überflutungsschäden an Bahnanlage

Für Großprojekte, die bestimmte Kriterien erfüllen, z.B. bestimmte Schwellenwerte erreichen, ist gemäß Umweltverträglichkeitsprüfungs-Gesetz (UVP-G 2000) eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchzuführen. Dabei wird geprüft, welche Auswirkungen das Projekt auf die Umwelt bzw. die sogenannten Schutzgüter hat. Zu den Schutzgütern in diesem Sinne zählen Menschen, Tiere, Pflanzen, Boden, Wasser, Luft, Klima, Landschaft, Sach- und Kulturgüter. Mit der neuen EU-UVP-Änderungsrichtlinie von 2014 sind erstmals auch Klimawandel und Klimawandelfolgen bei der Prüfung der Umweltverträglichkeit zu thematisieren. Dies stellt die an der UVP beteiligten Stakeholder vor neue Herausforderungen, denn die Hauptauswirkungen des Klimawandels auf Großprojekte und deren Projektumgebung (Schutzgüter) sind auf einer räumlichen und zeitlichen Ebene bisher nur grob abschätzbar.

Das vom Klima- und Energiefonds geförderte Forschungsprojekt SPECIFIC (SPEcific Climate change ForesIght in projeCt planning and EIA – ACRP 8th Call) konzentriert sich auf die Anwendbarkeit der wissenschaftlichen Erkenntnisse über Klimawandelfolgen auf der konkreten UVP-Projektebene – einschließlich der Identifizierung von erforderlichen Daten und Klimaszenarien als Input für die UVP.

Das SPECIFIC-Projektteam erarbeitet Szenarien, wie konkret die Berücksichtigung von Klimawandelfolgen in der UVP erfolgen könnte. Dazu wird ein partizipativer Ansatz gewählt, das heißt, der Prozess erfolgt gemeinsam mit den an der UVP beteiligten Stakeholdern in Österreich (Vertreterinnen und Vertreter von UVP-Behörden, UVP-Konsulentinnen und Konsulenten, Infrastrukturbetreiberinnen und -betreiber). Das Projekt baut dabei auf den Ergebnissen von „envisage-cc“ auf (Jiricka et al. 2014 und 2016, Dallhammer et al. 2015), einem Projekt, das auch vom Klima- und Energiefonds gefördert und 2014 abgeschlossen wurde.

Analyse zur Beachtung von Klimawandelfolgen in der UVP-Praxis

Die Szenarien gründen auf einer Analyse der UVP-Praxis in Österreich (2005-2015) und Deutschland (2011-2015) hinsichtlich der bisherigen Beachtung von meteorologischen Phänomenen und Klimawandelfolgen. So wurden zunächst insgesamt 23 UVP-Verfahren in Österreich und 30 Verfahren in Deutschland aus den Bereichen Schiene, Straße, Starkstrom-/Höchstspannungsleitung einer „Ex-post-Evaluierung“ unterzogen und konkrete Anknüpfungspunkte für die Zukunft identifiziert. In Österreich wurden Dokumente aus allen Phasen des UVP-Prozesses untersucht (UVE und Fachberichte, Behördengutachten, technische Berichte, Bescheide, etc.). Im Zuge eines zweistufigen Verfahrens wurden die Dokumente einerseits einem „Pre-Check“ unterzogen, um den direkten Klimawandel-Bezug in der UVP-Praxis zu erforschen. Dabei wurden nach Abstimmung mit Fachleuten Begriffe wie Klimawandel, Klimaänderung bzw. Klimawandelfolgen oder Vulnerabilität abgefragt. Zudem erfolgte andererseits eine Untersuchung in Hinblick auf eine Nennung meteorologischer Phänomene (wie „großräumige Stürme“ oder „Starkniederschläge“) und Klimawandelfolgen (wie „Windwurf“ oder „Hangrutschungen“) bzw. Kombinationen aus diesen.

Die „Ex-post-Evaluierung“ der UVP-Dokumente zeigt einige konkrete Anknüpfungspunkte aus der bisherigen UVP-Praxis zu meteorologischen Phänomenen und Klimawandelfolgen, insbesondere bei Schutzgütern wie Wald (wurde als Teilbereich von Pflanzen gesondert betrachtet), Boden und Oberflächengewässer. Bisher wenig ausgeprägt war erwartungsgemäß der Bezug zu Klimawandelanpassung.

Interviews und Workshops mit den Stakeholdern

Die Ergebnisse der Ex-post-Evaluierung wurden in einer Interviewserie mit den Akteursgruppen besprochen. Gegenstand waren insbesondere die Bedürfnisse, das Bewusstsein und die bisherige Erfahrung mit Klimawandelanpassung im Planungskontext. So wurden z. B. auf die Frage, welche klimawandel-relevanten meteorologischen Phänomene bzw. Klimawandelfolgen bei der technischen Planung und/oder in Verbindung mit den Schutzgütern der UVP (z.B. Wasser, Boden, Tiere, Pflanzen) bereits in der Vergangenheit berücksichtigt wurden, v. a. Starkregen, Überschwemmung und Hangrutschung, aber auch Hitze und Trockenheit genannt.

Tabelle klimawandelrelevante Phänomene
Bei den Interviews genannte klimawandelrelevante Phänomene und Aspekte auf die Frage: „Welche klimawandelrelevanten meteorologischen Phänomene und damit möglicherweise verbundenen klimatischen Aspekte bzw. Klimawandelfolgen haben Sie bei der technischen Planung und/oder in Verbindung mit den Schutzgütern der UVP bereits berücksichtigt?“

Aufbauend auf den Interviews fanden zwei Workshops statt, bei denen den Akteurinnen und Akteuren die potentiellen Auswirkungen des Klimawandels und deren Relevanz für die UVP-Praxis näher gebracht wurden. Auf Basis dessen wurde gemeinsam überlegt, wie man den Klimawandelfolgen künftig am besten begegnen kann und welche Konsequenzen sich dadurch auf die Vorhaben selbst und die Schutzgüter ergeben.

Ausblick

Die Ergebnisse aus den Workshops dienen als Grundlage für die Erstellung der Szenarien. Dabei werden Vorschläge erarbeitet, wie Klimawandelfolgen bei den unterschiedlichen UVP-Vorhabentypen berücksichtigt werden können und wie diese mit Schutzgütern in Zusammenhang stehen.

Um die UVP-Stakeholder künftig optimal zu unterstützen, wird im Rahmen der verbleibenden Projektlaufzeit (bis Herbst 2018) ein Online-Tool erarbeitet. Dieses sogenannte Climate-Fit-Toolkit wird maßgeschneiderte Informationen darüber zur Verfügung stellen, welche Aspekte für die Betrachtung potentieller Klimawandelfolgen auf der konkreten (UVP)Projektebene für bestimmte Vorhabentypen wichtig sind und welche Daten und Klimaszenarien aktuell bereits vorliegen. (Dezember 2017)

Zum Thema

Jiricka et al. (2016): Consideration of climate change impacts and adaptation in EIA practice - Perspectives of actors in Austria and Germany. ENVIRON IMPACT ASSES.; 57: 78-88

Dallhammer et al. (2015): ENVironmental Impact assessment Satisfying Adaption Goals Evolving from Climate Change, Publizierbarer Endbericht. Finanziert von: ACRP, Klima- und Energiefonds, 31

Jiricka et al. (2014): Herausforderungen bei der Integration von Klimawandelfolgen und -anpassung in Umweltverträglichkeitsprüfungen - ein Blick auf die Planungspraxis in Österreich und Deutschland. UVP-Report, 28 (3+4), 179-185; ISSN 0933-0690

Dallhammer et al. (2014): Strategische Unterstützung bei der Projektplanung zur Berücksichtigung von Klimawandelfolgen

UVP-Änderungsrichtlinie 2014

Projekt-Website SPECIFIC

Projekt ENVISAGE-CC